

Ich kalkuliere meine Laufzeit mit rund 3 1/2 Stunden. So stehe ich um halb acht in meinen neuen Raidlight-Klamotten bereit, um die Strecke von Fernitz nach Gleisdorf in Angriff zu nehmen. Wie immer ist auf längeren Strecken mein Laufrucksack mit dabei. Gefüllt ist er mit einem Liter Wasser, einigen Datteln, einer Salz-Tablette sowie mit einem Geldschein, um auf halber Strecke die Getränkevorräte aufzufüllen bzw. um Geld für den Eintritt in das Wellenbad zu haben, sollte ich wider Erwarten vor meiner Familie in Gleisdorf eintreffen. Diese "Angst" stellt sich jedoch als unbegründet heraus.

Auf dem Weg an Hart bei Graz vorbei, passiere ich ein in Bau befindliches Rückhaltebecken. Was ein Rückhaltebecken ist? Ein Rückhaltebecken ist quasi der Bierbauch eines Oktoberfestbesuchers. Wenn erbarmungslos in kurzer Zeit literweise Bier in den Körper gekübelt wird und Nieren samt Harnwege heillos überfordert wären, sammelt der Bierbauch die Flüssigkeit und hält sie zurück, um sie dann langsam und kontrolliert abfließen zu lassen. Zugegeben, bei Kindern nehme ich als vergleichbares Beispiel dann doch gerne die Badewanne, die bei starken Regenfällen das Wasser aufnimmt, um in weiterer Folge kontrolliert und langsam nur so viel Wasser in den Unterlauf des Baches abzugeben, sodass dieser nicht über die Ufer tritt und Schäden durch Überflutungen vermieden werden. So soll das in rund 2 Jahren fertiggestellte Rückhaltebecken in Hart bei Graz in Zukunft selbst bei außergewöhnlichen Starkregenereignissen Uferübertritte des Raababaches in den Ortschaften Raaba-Grambach und Gössendorf verhindern.
Die Strecke führt mich parallel zur A2 Richtung Autal. Nun gilt es, den Krachelberg zu bezwingen. Nach kurzem aber giftigem Aufstieg führt der Höhenweg der Marktgemeinde Lassnitzhöhe entgegen und die wunderbare Aussicht auf die "steirische Toskana" entschädigt für die Mühen und die Schweißperlen, die bisher vergossen wurden.
Die Quecksilbersäule steigt gnadenlos. Meine Wasservorräte sind aufgebraucht und so lege ich beim Unimarkt im Ort Lassnitzhöhe eine kurze Verpflegungspause ein. Mein Forerunner zeigt mir an, dass wir bisher ungefähr 18 Kilometer gelaufen sind. Ich kaufe mir einen Liter "blubberfreies" Mineralwasser und eine Banane. Das Wasser wird in meine "Softflakes" umgefüllt, die Banane wird an Ort und Stelle verspeist. Als Nachtisch gibt es noch eine Dattel aus der Vorratstasche.
Die Strecke fällt die ersten paar hundert Meter nun stark ab und entlang der Ortschaften Mitterlaßnitz, Laßnitzthal und Flöcking laufe ich Gleisdorf entgegen. Teilweise sind mir beschattete Streckenabschnitte vergönnt, aber großteils laufe ich in der prallen Sonne. So sehne ich mittlerweile schon sehr die Abkühlung im Wellenbad herbei.
Dank "livetracking" meiner GPS-Laufuhr bin ich für meine Familie via Smartphone in Echtzeit verfolgbar und so lässt es sich sehr gut abschätzen, bis wann ich mein Tagesziel erreicht haben werde. Gleichzeitig gibt mir "livetracking" gerade auch in unwegsamen Gelände Sicherheit, in der Not rasch gefunden zu werden.
Vor rund einer Stunde habe ich eine Salz-Tablette geschluckt. Seit ich beim heurigen Welschlauf von üblen Krämpfen heimgesucht wurde, bin ich von diesen schmerzhaften Muskelverkrampfungen seit der Einnahme von Salz-Tabletten auf langen Läufen bei großer Hitze verschont geblieben. Placebo-Effekt oder wirkliche Abhilfe bei großen Schweiß- und somit Salzverlusten? Keine Ahnung! Hauptsache, es krampft nicht.


