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Samstag, 24. August 2024

24.08.2024: Koralm Trailrunning Event - Laufbericht

Seine Premiere feierte das Koralm Trailrunning Event im Jahr 2022. Schon damals machte die Streckenbeschreibungen der drei zur Auswahl stehenden Distanzen in der Weststeiermark Lust auf eine Teilnahme. Ich stand sogar auf der Startliste. Aber nach meinem Finish beim Western States 100 war der Körper doch einige Wochen erschöpft, sodass ich letztendlich kurzfristig auf den Start in Deutschlandsberg verzichtete.

Aber heuer ist es soweit. Ich bin für die sogenannte "LONG"-Distanz gemeldet. Auf uns warten 58 Kilometer feinster Trailrun-Spaß, garniert mit 2.660 Höhenmeter. Organisiert wird das Lauf-Fest vom Koralm Trailrunning Club aus Deutschlandsberg. Und der Veranstalter lässt sich nicht lumpen und präsentiert alles, was das Herz eines Trailrunners höherschlagen lässt.

Es ist noch dunkel, als ich in Deutschlandsberg eintreffe. Parkplätze stehen in den angrenzenden Straßen genügend zur Verfügung. Die Abholung der Startnummer ist rasch erfolgt. An der Laufweste wird zudem ein Tracker montiert. Die Sicherheit der Teilnehmer wird hier groß geschrieben.

Die Stimmung ist trotz der frühen Zeit ausgelassen und fröhlich. Beim Zutritt zum Startbereich erfolgt die Kontrolle der Pflichtausrüstung. Neben einer Regenjacke und einem Erste-Hilfe-Set inklusive Rettungsdecke ist vor allem ausreichend Flüssigkeit wichtig. Denn die Labestellen sind zwar ausgezeichnet bestückt. Allerdings sind die Distanzen zwischen den Checkpoints doch recht groß. Bedingt durch die vielen positiven Höhenmeter können es dann schon mal weit über zwei Stunden Laufzeit sein, bis die Flüssigkeitsreserven wieder aufgefüllt werden können.

Um 6 Uhr erfolgt der Start und gemeinsam mit 33 weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmern nehme ich die selektive Strecke in Angriff. Ich bin voller Vorfreude, während ich nach dem Start im Rathauspark über die Stadtallee hin zum Klauseneingang laufe. Von hier folgen wir dem ÖAV-Weg Nummer 13 Richtung Trahütten. So werden zu Beginn gleich ordentlich Höhenmeter gemacht. Ich fühle mich prächtig und achte vor lauter Übermut zu wenig auf die Streckenmarkierung. Zum Glück sieht das ein hinter mir Laufender und ruft mir nach. Danke dafür! Deutlich konzentrierter laufe ich weiter.

Die erste Labestelle ist erreicht. Alles Notwendige - und noch mehr - liegt bereit. Betrieben werden die Checkpoints von Helferinnen und Helfer, die vor Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit und guter Laune nur so strotzen. Auch Fotos werden an vielen Stellen gemacht, die im Anschluss kostenfrei zur Verfügung gestellt werden. Ein wirklich sehr professioneller Film wird ebenfalls produziert. Chapeau!

Es geht stetig aufwärts. Nach vielen, vielen Höhenmetern sehe ich den Windpark auf der Handalm vor mir. Das ohnehin schon großartige Panorama wird von grasenden Pferden auf den saftig grünen Weiden ergänzt. Ich greife nach meinem Smartphone und möchte diese Szene auf Bild festhalten. "Aus Sicherheitsgründen für weitere 48 Minuten gesperrt", lese ich am Display. Zu viele Male hätte ich den PIN falsch eingegeben. Nur Notrufe seien möglich. Wie ist das passiert? Ich teste heute eine neue Schutzhülle für mein Handy. Damit soll es vor Staub und Feuchtigkeit besser geschützt sein. Offensichtlich löste die eng anliegende Schutzhülle wohl die eine oder andere PIN-Eingabe aus. Leider kann ich kein Foto machen. Selbst ein Restart behebt die zeitliche Sperre nicht. Diese Hülle ist für den weiteren Einsatz disqualifiziert.

Leider macht sich mein rechtes Knie bemerkbar. Ein schon vor mehreren Jahren diagnostizierter Knorpelschaden hat die letzten Jahre überraschend wenige Probleme verursacht. Seit ein paar Wochen treten die Beschwerden jedoch häufiger auf. Auch heute spüre ich die Folgen des Knorpelschadens; nämlich eine leichte Flüssigkeitsansammlung in der Kniekehle und die beeinträchtigte Fähigkeit, schmerzfrei zu laufen 😬. Während ich einige Minuten in den Gehschritt verfalle, machen sich Gedanken breit, wie lange für mich mein geliebtes (Ultra)Trailrunning noch möglich sein wird. Diese Leidenschaft hat in meinem Leben einen sehr hohen Stellenwert. Wehmut überkommt mir. Aber jetzt ist keine Zeit, Trübsal zu blasen. Immerhin liegen noch fast 40 anspruchsvolle Kilometer vor mir.

Bergab steige ich dem nächsten Checkpoint auf der Weinebene entgegen. Ich fülle meine Flasks mit Wasser auf und labe mich mit Kartoffeln und Tomaten, zusammen mit etwas Salz. Was für eine köstliche Zwischenmahlzeit und willkommene Abwechslung zu den Gels, die ich ansonsten auf der Strecke zu mir nehme.

Der Aufstieg zum höchsten Punkt der Strecke steht mir bevor. Respektvoll steige ich temporeduziert Höhenmeter um Höhenmeter nach oben. Eine atemberaubende Aussicht belohnt am Gipfel des Großen Speikkogels auf 2.139 Meter Seehöhe für die Strapazen des Aufstiegs. Hier nach rund 32 Kilometer sind 2.500 der insgesamt 2.700 Höhenmeter auf der Haben-Seite! Ich habe bei der Tempowahl alles richtig gemacht und fühle mich weiterhin gut. Auf schmalen Single-Trails, vorbei am Steinernen Mandel, verläuft die Strecke weiter Richtung Grünangerhütte.

Ich beschreibe nicht jeden Schritt der Strecke. Aber soviel sei gesagt. Lässt mein Körper weiterhin die Teilnahme an Läufen jenseits der Marathondistanz zu, werde ich hier in der Weststeiermark bestimmt wieder an der Startlinie stehen. Die Strecke ich großartig und die Organisation lässt keine Wünsche offen. Zudem stünden Unterdistanzen, genannt "MIDDLE" oder "SHORT", zur Auswahl.

Eine nennenswerte Steigung erwartet mich noch. Aber auch den finalen Aufstieg zur Wolfgangi Kirche bringe ich gut hinter mich. An einem der schönsten Aussichtspunkte der Region kann ich hinunter nach Deutschlandsberg blicken. Das Ziel ist zum Greifen nahe. Bevor ich hinunter ins Tal laufe, mache ich mich hier am letzten Checkpoint noch ein wenig frisch und bedanke mich bei den wertschätzenden und freundlichen Helferinnen und Helfer, die auch hier seit Stunden ausharren, um uns einen schönen Tag zu bereiten.

Kurze Zeit später überquere ich die Ziellinie. Die After-Run-Party hier am Hauptplatz Deutschlandsberg ist schon voll im Gang. Mega Stimmung inkludiert! Mit offiziellen 9 Stunden, 8 Minuten und 24 Sekunden klassiere ich mich auf Rang 13 der 34 gestarteten Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Mir wird eine schöne Finisher-Medaille um den Hals gehängt. Ich gönne meinen Füßen einige Minuten im kühlen Wasser des Springbrunnens. Nach einer erfrischenden Dusche gönne ich mir noch ein Hopfengetränk bzw. einen Teller voll leckerem Spätzle, ebenfalls im Startgeld inkludiert.

Wie sagte schon Paulchen Panther: "Heute ist nicht alle Tage; ich komme wieder, keine Frage!"

24.08.2024: Koralm Trailrunning Event - Laufbericht


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Sonntag, 10. September 2023

10.09.2023: öFiber Trail Run Graz - Laufbericht

Bei prächtigem Spätsommerwetter feiert der öFIBER Trail Run Graz seine Premiere. Laut Veranstalter wartet auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eine einzigartige Strecke auf malerischen Waldwegen bis nach Mariatrost.

"Ein urbaner Trail-Wettkampf fehlt hier bei uns!", hat sich wohl das Team von runninGraz gedacht und den öFIBER Trail Run Graz ins Leben gerufen. Und der Veranstalter scheint recht zu behalten. Denn die Premiere lockt bei herrlichem Spätsommerwetter beinahe 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Start- und Zielgelände an den Hilmteich. Zur Auswahl stehen Distanzen von 5,5 Kilometer und 10 Kilometer. Ein Kids-Trail über 1000 Meter steht für die Nachwuchssportler bereit.

Ich selbst gehe beim 10 Kilometer langen öFIBER Trail Run mit ca. 360 Höhenmeter an den Start. Mit meiner Laufzeit von 50:36 Minuten bin ich sehr zufrieden und platziere mich auf dem 2. Rang meiner Altersklasse. Die Strecke ist großartig gewählt und die Markierung lückenlos. Wer sie braucht, findet gut platzierte Labestellen. Das Organisationsteam von runninGraz ist freundlich und motivierend. Der Start- und Zielbereich direkt am Hilmteich ist toll gewählt. Und auch eine Finisher-Medaille fehlt nicht. Ganz klare Empfehlung!

10.09.2023: öFiber Trail Run Graz - Laufbericht


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Samstag, 28. Mai 2022

28.05.2022: Semmering Adventure Run / 6 Stunden Trailrun - Laufbericht

Andventure Runs Semmering
Grundsätzlich bin ich kein Freund von Stundenläufen! Stunde um Stunde die selbe - meist kaum mehr als 1000 Meter lange und asphaltierte - Runde im Kreis zu laufen, ist nicht mein Ding. Ich liebe das Laufen auf Trails, weil es mir Abwechslung bereitet und mich die Natur spüren lässt.

Aber der 6-Stunden-Trailrun beim Semmering Adventure Run ist anders. Wie die Bezeichnung der Veranstaltung schon verrät, handelt es sich dabei um einen Lauf im Gelände. Die zu belaufende Schleife ist etwas über 6 Kilometer lang und hat zudem rund 320 Höhenmeter zu bieten.

Organisiert wird der Semmering Adventure Run von der Sportventure OG. Für sein Startgeld bekommt man eine gut organisierte Veranstaltung mit ordentlich Zugaben: Zum einen gibt es die Startnummer. Für die Zeitnehmung wird ein Chip mit Neopren-Band zur Anbringung am Fuß verwendet. Auch eine Gepäckabgabe fehlt nicht. Die Streckenmarkierung ist - hier kann ich nur von der 6 Kilometer langen Schleife sprechen - lückenlos. Die Labestelle ist für mein Empfinden gut platziert und bietet mit Wasser, Iso und Früchten grundsätzlich ausreichend Verpflegung. Wobei ich mir in den späteren Stunden eines langen Laufes einen Schluck alkoholfreies Bier oder ein Stück Kuchen gewünscht hätte. Aber das sind persönliche Befindlichkeiten. Im Grunde bin ich sowieso autark und verpflege mich großteils mit Gels meines Vertrauens.

Wie es mir am Semmering ergangen ist, kann in meinem Buch nachgelesen werden:

BUCHPROJEKT "Lebenstraum Western States 100 - Erlebnisberichte eines (Ultra-)Läufers"

Ich habe beschlossen, meinen Weg nach Auburn in Buchform zu verfassen. Die Reise nach Palisades Tahoe (vormals Squaw Valley) hat bereits vor einigen Jahren begonnen, als ich meine Liebe zum Trailrunning entdeckt und das erste Mal über diesen geschichtsträchtigen 100-Meilen-Lauf durch die Wildnis der Sierra Nevada gelesen habe.

Das am 02.03.2023 veröffentlichte Buch beinhaltet auf über 200 Seiten Erlebnisberichte von ausgewählten Läufen, die Beschreibung des WSER-Losprozesses, die Teilnahme an den Lotterien, Einblick in mein Training und natürlich den vollständigen und umfangreichen Laufbericht meiner Teilnahme am WSER.

Das Buch kann direkt über mich, aber auch über den Online-Shop der Buchschmiede und natürlich auch über den stationären oder Online-Buchhandel bezogen werden.


28.05.2022: Semmering Adventure Run / 6 Stunden Trailrun - Laufbericht


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Samstag, 30. April 2022

Western States 100: Renntaktik und Zeittabelle

Mittlerweile habe ich einen Großteil der wettkampfspezifischen Vorbereitung für meine Teilnahme am Western States 100 abgeschlossen.

Für die Bewältigung von ultralangen Strecken braucht es Pläne. Lediglich den Plan A im Kopf zu haben, ist zu wenig! Je länger die Strecke ist, desto mehr Unvorhergesehenes kann eintreten. Erst recht, wenn man - so wie ich - eine 100 Meilen lange Strecke das erste Mal in Angriff nimmt. Hat man dann im Anlassfall keine Alternativen parat, ist die Panik und Frustration groß.

Grundsätzlich möchte ich auf ultralangen Strecken flache Passagen und moderat steigende Abschnitte sowie fallende Streckenteile so lange als möglich laufend bewältigen. Steinige, zerklüftete und steile Aufstiege und Abstiege plane ich, von Beginn an flott zu gehen bzw. steigen. Insbesondere der steile, rund 4,5 Meilen lange Aufstieg zum Emigrant Pass unmittelbar nach dem Startsignal will mit Bedacht in Angriff genommen werden.

An den Checkpoints werde ich mir nicht mehr als die unbedingt erforderliche Zeit für die Labe und das Auffüllen der Flüssigkeitsreserven gönnen. Zeit für Fotopausen muss genügend vorhanden sein, denn immerhin erfülle ich mir mit der Teilnahme am Western States 100 meinen sportlichen Lebenstraum. Jedoch dürfen die cut/off-Zeiten nicht aus den Augen verloren werden. Wer nach längstens 30 Stunden die Ziellinie in Auburn nicht überquert hat, ist aus dem Rennen und die Reise nach Hause muss ohne Gürtelschnalle und Finishermedaille angetreten werden.

Ab Meile 62 ist die Begleitung durch einen sogenannten Pacer erlaubt. Ich bemühe mich aktuell darum, einen passenden Begleitläufer für die Nachtstunden zu organisieren. Dafür stellt der Veranstalter eine digitale Pacer-Börse zur Verfügung. Ich bin auch im erschöpften Zustand grundsätzlich gerne auf mich alleine gestellt, jedoch hat insbesondere meine Familie ein besseres Gefühl, wenn ich in den Nachtstunden nicht mutterseelenallein durch die kalifornische Wildnis laufe. Mit einem Pacer - und folglich mit der Leuchtkraft von zwei Stirnlampen - verspreche ich mir zudem eine komfortablere Orientierung. Mal sehen, ob sich ein Pacer finden lässt bzw. ob ich mich letztendlich nicht dagegen entscheide und "das Ding" alleine rocke ...

Das erfolgreiche Finish des Western States 100 ist mein sportlicher Lebenstraum. Plan B ist somit klar definiert. Eine Ankunft in Auburn innerhalb der 30 Stunden ist das Minimalziel.

WSER


Auf dieser Tabelle habe ich mögliche Zwischenzeiten bei den Checkpoints eingetragen. Mir ist natürlich bewusst, dass Zeiten von einem Checkpoint zum anderen auf Grund körperlicher Befindlichkeiten, durch Witterungseinflüsse etc. erheblich variieren können. Aber wie eingangs erwähnt: Es braucht Pläne!

Plan A ist der Masterplan! Und diesen Plan halte ich auch für durchaus realistisch. Plan A prognostiziert eine Ankunft an der Ziellinie nach 25 bis 28 Stunden Laufzeit. Wenn ich diesen Plan umsetzen kann, habe ich zum einen genügend Zeit für Versorgungs- und Fotopausen. Zum anderen bereiten mir die cut/off-Zeiten keinen Stress und ich kann den Western States 100 vollends "genießen"!

Da wäre noch Plan A+! Plan A+ lässt mich innerhalb von 24 Stunden finishen. Plan A+ halte ich zwar grundsätzlich für möglich. Jedoch werde ich das Tempo von Start weg auf Plan A auslegen, denn das erfolgreiche Finish mit Sicherheitsabstand zu den cut/off-Zeiten ist bei meinem "Lebenslauf" oberstes Gebot! Plan A+ kann daher nur "spontan" und auch nur dann erreicht werden, wenn ich in der Hitze gut bis Foresthill komme, ich zudem in den Nachtstunden auf den verbleibenden 60 Kilometern die Gehpassagen kurz halten kann und die vielen negativen Höhenmeter meine vordere vordere Oberschenkelmuskulatur nicht gänzlich gecrasht haben.

Pläne hin oder her. Ich hoffe, mein Schutzengel lässt mich gesund und rechtzeitig in Auburn ankommen!

Western States 100: Renntaktik und Zeittabelle


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Sonntag, 27. März 2022

27.03.2022: 6. Lindkogeltrail - Laufbericht

Ich befinde mich am Beginn der wettkampfspezifischen Trainingsphase für die Teilnahme am Western States 100 Endurance Run. Lange Läufe, wie heute der Lindkogeltrail, dienen der Erlangung von körperlicher Grundlagenausdauer für ultralange Strecken. Immerhin warten im Juni satte 161 Kilometer inmitten der kalifornischen Wildnis auf mich. So habe ich in dieser Woche bereits drei Trainingseinheiten mit insgesamt rund 40 Kilometer auf der Haben-Seite zu Buche stehen. In Kombination mit der nächtlichen Umstellung auf die Sommerzeit, die mir eine Stunde Schlaf geraubt hat, fahre ich um 5 Uhr Früh muskulär und auch geistig recht vorermüdet nach Niederösterreich.

Laufbericht Lindkogeltrail
90 Minuten später erreiche ich Bad Vöslau. Ich parke in unmittelbarer Nähe zum Veranstaltungszentrum. Hier am Vorplatz des Thermalbades sind bereits alle Vorkehrungen für ein gelungenes Trailrunning-Fest getroffen.

So sind hier der Start- und Zielbogen aufgebaut, die Kleiderabgabe und Startnummernausgabe eingerichtet, WC-Anlagen installiert sowie Tische und Bänke für die Labung nach dem Zieleinlauf aufgestellt. Nur eine Duschmöglichkeit fehlt. Hier scheint es wohl keine Kooperationsmöglichkeit mit dem Thermalbad zu geben. Aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Im Grunde lässt die von der Fairsport Events e.U. und Gold Events organisierte Veranstaltung, die heuer übrigens zum bereits 6. Mal stattfindet, keine Wünsche offen.

Auch das Wetter lässt sich nicht lumpen. Bereits jetzt um 7 Uhr morgens hat es angenehme 8 Grad. Es werden uns wolkenlose Stunden und Temperaturen um 20 Grad prognostiziert.
Ich bin für den Ultra Trail genannt. Die Strecke ist 54,5 Kilometer lang und beinhaltet rund 2.400 Höhenmeter. Das Nenngeld beträgt je nach Anmeldezeitpunkt zwischen 50 und 70 Euro. Dafür erhält man die Startnummer mit integriertem Transponder für die Zeitnehmung durch Race Result, ein Goodie-Bag, die Finisher-Medaille, eine lückenlose Streckenmarkierung und ausreichend Verpflegestellen im Verlauf der Strecke.

Wie es mir rund um Bad Vöslau ergangen ist, kann in meinem Buch nachgelesen werden:

BUCHPROJEKT "Lebenstraum Western States 100 - Erlebnisberichte eines (Ultra-)Läufers"

Ich habe beschlossen, meinen Weg nach Auburn in Buchform zu verfassen. Die Reise nach Palisades Tahoe (vormals Squaw Valley) hat bereits vor einigen Jahren begonnen, als ich meine Liebe zum Trailrunning entdeckt und das erste Mal über diesen geschichtsträchtigen 100-Meilen-Lauf durch die Wildnis der Sierra Nevada gelesen habe.

Das am 02.03.2023 veröffentlichte Buch beinhaltet auf über 200 Seiten Erlebnisberichte von ausgewählten Läufen, die Beschreibung des WSER-Losprozesses, die Teilnahme an den Lotterien, Einblick in mein Training und natürlich den vollständigen und umfangreichen Laufbericht meiner Teilnahme am WSER.

Das Buch kann direkt über mich, aber auch über den Online-Shop der Buchschmiede und natürlich auch über den stationären oder Online-Buchhandel bezogen werden.



27.03.2022: 6. Lindkogeltrail - Laufbericht


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Donnerstag, 13. Mai 2021

13.05.2021: 7 Summits Extreme Graz - Laufbericht

#letsgograz Laufbericht Wolfgang Kölli 7 Summits Extreme
Mit dem Projekt "Let´s Go! Graz" möchte die Landeshauptstadt der Steiermark die (Grazer) Bevölkerung für den Sport begeistern und das Bewusstsein für den gesundheitlichen Aspekt des Sports stärken.

Eines der Events des Sportjahres 2021 sind die 7 Summits. Die Herausforderung ist, die 7 höchsten Gipfel um Graz zu erklimmen. Dazu zählen der Hackher-Löwe am Schloßberg, die Satellitenstation auf dem Lustbühel, der Fürstenstand, die Kirche St. Johann und Paul, die Kronprinz-Rudolf-Warte am Buchkogel, die Stephanienwarte auf der Platte und der "Hausberg der Grazer", der Schöckl.

Die Ziele sind mit "Let´s Go! 7 Summits - Schilder" markiert. Es liegen auch Stempel bereit, um damit seinen Sammelpass (kann im Internet herunter geladen werden) zu füllen. Hat man bis Ende November alle Stempel gesammelt und sendet den vollständigen Sammelpass an den Verein Active City Graz, so erhält man eine Wandernadel samt Urkunde und nimmt an der Verlosung eines tollen Preises teil.

Während es bei den 7 Summits nicht um die schnellste Zeit, sondern um das Erlebnis geht, wurde für Extremsportler und Bewegungsenthusiasten der Wettkampf "7 Summits Extreme" ins Leben gerufen. Start ist am Grazer Hauptplatz. Nun gilt es für die Teilnehmer, alle 7 Gipfel zu erklimmen. Die Reihenfolge bleibt jedem selbst überlassen. Das Ziel ist wiederum am Hauptplatz Graz. Der Wettkampf wird über die App "MapRun6" gelaufen. Diese App, für den Orientierungslauf konzipiert, registriert die angelaufenen Punkte und speist im Anschluss die Daten in die Ergebnistabelle. Zwei Klassen kommen in die Wertung: gänzlich zu Fuß oder eine Kombination aus Rad und zu Fuß (d.h. man fährt mit dem Rad bis knapp vor den Gipfel, die letzten Meter werden zu Fuß bewältigt). An den 7 Summits Extreme kann zwischen 26. April und dem 16. Mai teilgenommen werden. Die Siegerehrung für die Allgemeine Klasse, den Altersklassen Masters Ü45 und Masters Ü60 (jeweils für Damen und Herren) erfolgt laut Ausschreibung im Rahmen der Sport Austria Finals am 4. Juni.

Da ich im Süden von Graz wohnhaft bin, liegen die 7 Summits quasi vor meiner Haustüre. Ehrensache also, mich der Challenge zu stellen. Dank der Plattformen wie z.B. Alltrails ist es ein Leichtes, sich seine Route am Computer zu designen und anschließend als GPX-File auf die Laufuhr zu laden. Damit ist die Orientierung um ein vielfaches einfacher.

Ich überlege lange, bis ich mich für eine endgültige Route entscheide. Laut GPX-File ist die Strecke meines Vertrauens 62 Kilometer lang und beinhaltet 2600 Höhenmeter. Die 7 Gipfel laufe ich in folgender Reihenfolge an: Schloßberg - Lustbühel - Platte - Schöckl - Fürstenstand - St. Johann und Paul - Kronprinz-Rudolf-Warte.

Mein Ziel definiere ich sehr klar. Die aktuelle Bestzeit liegt bei 8 Stunden und 15 Minuten. Ich möchte diese Zeit unterbieten. Ich brauche konkrete Ziele, denn ohne ein solches würde ich im Verlauf eines solchen Langstreckenlaufes dem Geist wohl zu gerne Folge leisten und alle möglichen Gründe finden, Geh- und Stehpausen einzulegen. Zudem gibt´s da noch die "Fastest known time (FKT)".  Immer größerer Beliebtheit erfreuen sich nämlich diese sogenannte Fastest known time - Läufe (kurz FKT). Hier geht es darum, eine ausgewählte Route auf Bestzeit zu laufen. Routen, die von Interesse sind, werden auf dem Internetportal fastestknowntime.com gelistet. Auch wer die aktuelle Bestzeit hält, ist auf der Webseite gespeichert. Unterbietet man diese Zeit, kann man den Nachweis über die erbrachte Laufzeit (GPX-Track, livetiming-Datei etc.) online einreichen und nach positiver Prüfung wird man als neuer Bestzeitenhalter geführt. Der bekannte Ultratrailrunner Tom Wagner ist die Strecke der 7 Summits bereits Ende März in einer sehr starken Zeit von 6:33 Stunden (supported) gelaufen. Eine Bestzeit ohne Support (lediglich Wasser aus öffentlich zugängigen Trinkwasserbrunnen oder Quellen ist erlaubt) wartet jedoch noch darauf, gelaufen zu werden.

Zum Unterschied von organisierten Laufevents bin ich heute auf mich allein gestellt. Keine Verpflegestellen erwarten mich in regelmäßigen Abständen mit reich gedeckten Tischen. Was ich für die kommenden Stunden benötige, habe ich im Laufrucksack mit dabei. Lediglich Wasser plane ich an den Trinkwasserbrunnen in Mariatrost, Stattegg und St. Martin nachzufüllen.

Es ist also Zeit für das beliebte Reisespiel "Ich packe meinen Koffer meine Salomon Adv Skin5 Laufweste und nehme mit": 2 Softflasks (je 0,5 Liter Inhalt), 8 Energie-Gels und 2 Energie-Riegel der Sorte meines Vertrauens, einen Notgroschen für alle Fälle, die Regenjacke, ein Ersatz-Shirt, das Smartphone samt Powerbank, Taschentücher, die FFP2-Maske, ein Erste-Hilfe-Set und einen Müllbeutel. Trotz eines recht hohen Anteils an Asphaltstraßen trage ich an den Füßen meine oft erprobten und für gut befundenen Trailschuhe Inov-8 Trailtalon 290. 

Auf die Plätze, fertig, los ...

Noch bevor der Wecker um 05:30 Uhr läutet, bin ich wach. Mein Herz lacht innerlich voller Vorfreude, während ich beim Frühstück auf Bewährtes vertraue. Zwei Tassen Kaffee und ein Toastbrot mit Schokocreme wecken meine Lebensgeister. Ich fahre mit dem PKW in die Landeshauptstadt und parke nahe am Zentrum. Da heute ein Feiertag ist, sind die Kurzparkzonen gebührenfrei und ohne Zeitbeschränkung nutzbar. Ich ziehe mir die Laufweste an, starte meinen Garmin Forerunner und lade die Streckenführung.

Eine kuriose Szene erlebe ich auf dem Weg zum Grazer Hauptplatz. Unmittelbar neben mir hält ein Auto, ein im Jogginganzug Gekleideter springt heraus, läuft mit dem Smartphone in der Hand Richtung Erzherzog-Johann-Brunnen und trabt wieder zum Fahrzeug zurück. Ich versuche mir den Hergang plausibel zu erklären, mache mir Gedanken um das Fairplay solcher Wettbewerbe. Aber vermutlich interpretiere ich die Situation gänzlich falsch. Meine Hirngespinste werden ohnehin jäh unterbrochen, denn mein Smartphone meldet ein akustisches Signal und vibriert. Die App hat registriert, dass ich mich am Startpunkt der 7 Summits Extreme befinde und hat automatisch die Zeit gestartet. Die Uhr tickt. Also los, mögen die Spiele beginnen!

Noch ein paar Worte zum Wetter: Es hat in den letzten Stunden geregnet. Aktuell ist der Himmel bewölkt, hält aber seine Schleußen geschlossen. Die Temperaturen werden sich im Lauf des Tages zwischen 10 und 15 Grad bewegen und auch die Sonne soll sich laut Wetterfrosch gelegentlich zeigen. Alles in allem gute Bedingungen für die heutige Herausforderung, sofern die unbefestigten Pfade von den Regenfällen der letzten Stunden nicht zu sehr aufgeweicht sind.

Ich laufe locker die Sackstraße nach Norden zum Schloßbergplatz und steige Stufe um Stufe den Schloßberg hoch. Ich lasse es ruhig angehen, will nicht schon auf den ersten Metern wichtige Körner vergeuden. Nach knapp 10 Minuten stehe ich vor dem Hackher-Löwen und die App meldet, dass der erste Gipfel erklommen ist. Ich treffe hier auf zwei weitere Extremsportler, die sich heute der 7 Summits Extreme - Challenge stellen. Ich wünsche ihnen viel Erfolg und laufe über eine Asphaltstraße zum Karmeliterplatz hinunter. Weiter geht es an der Grazer Burg vorbei, dem Sitz des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung. Hier im Burghof gibt es die einzigartige spätgotische Doppelwendeltreppe zu bestaunen. Durch das Burgtor führt mich die Streckenführung auf die Erzherzog-Johann-Allee.

Im Verlauf der Schillerstraße überhole ich zwei weitere Läufer mit Rucksack. Ich vermutete schon im Vorfeld, dass an einem Feiertag wie heute, kurz vor Ende des offiziellen Veranstaltungszeitraumes, wohl einige Bewegungshungrige sich der Herausforderung stellen würden. Ich laufe die Waltendorfer Hauptstraße hoch dem zweiten Gipfel, der Satellitenanlage am Lustbühel, entgegen. "Brumm, brumm" macht das Smartphone und der Kontrollpunkt 2 ist registriert.

Auf Gemeindestraßen geht es talwärts. Ich quere den Ragnitzbach, laufe einen kurzen Abschnitt der Ragnitzstraße entlang. Über einen bewaldeten Abschnitt gelange ich zur Riesstraße. Auf dem Weg ins Stiftingtal verlaufe ich mich das erste Mal. Ein auf der Uhr angezeigter Pfad existiert in der Natur nicht. Ich finde erst nach einigem "Hin und Her" einen trockenen Weg über den Stiftingbach und bin ein wenig frustriert. Denn um mein ambitioniertes Zeitziel zu erreichen, müssen solche Extrakilometer die Ausnahme bleiben.

Ich laufe den Hahnhofweg hoch, um an einer Weggabelung dem falschen Pfad zu folgen. Einige Höhenmeter später erkenne ich die Streckenabweichung und sehe auf Grund der schwierigen Topografie keine andere Möglichkeit als umzukehren, um wieder auf die korrekte Strecke zu gelangen.

Ich bin in Mariatrost angekommen. Der Janischhofweg lässt sich trotz seiner Steigung gut laufen. 15 Kilometer liegen hinter mir. Hochgerechnet mit der angezeigten Reststrecke habe ich bislang rund 1,5 Kilometer an Umweg in Kauf nehmen müssen. Ich bin hier nicht ortskundig und daher sehr überrascht, als ich plötzlich vor der Stephanienwarte stehe. So rasch habe ich Gipfel Nr. 3 nicht erwartet. Hier finde ich einen öffentlichen Trinkwasserbrunnen vor. Ich fülle meine Flasks nach und laufe direttissima zu Tal. Vor mir liegen herrlich laufbare Wiesen- und Waldwege. Ich quere den Weizbach und kann im Gelände dem angezeigten Track auf der Uhr abermals nicht folgen. Umfriedete Einfamilienhäuser versperren mir den Weg zur Radegunder Straße. Ich muss einen weiteren Umweg in Kauf nehmen und quäle mich in der Furche eines kürzlich bebauten Ackers vorwärts. Lehm verklebt die Sohlen meiner Schuhe, macht sie schwer die Blei. Meine Füße sind klatschnass, als ich endlich wieder auf der geplanten Streckenführung bin.

Hier am Schöcklbach erwartet mich ein weiterer Trinkwasserbrunnen. Ich labe mich mit einem Gel und ordentlich Wasser. Der Wasservorrat muss nun bis Stattegg reichen, denn erst dort habe ich im Bereich des Gemeindeamtes den nächsten öffentlich zugänglichen Wasserspender.

Über die Schöckelstraße und der Kalkleitenstraße geht es kontinuierlich aufwärts. Ein kalter, stürmischer Wind kommt auf. Ich ziehe mir die Regenjacke über. Ich bin am Kreuzungspunkt nach Stattegg angekommen. Aber zuerst warten 7 Kilometer zum Schöckl auf mich, die ich auf identer Strecke hin und zurück laufen werde. Auf mäßig steilen Schotterstraßen erklimme ich Höhenmeter um Höhenmeter. In bewaldeten Abschnitten ist es windgeschützt. Im Verlauf der Steingrabenstraße verfalle ich in den Gehschritt. Es wäre unökonomisch, hier im Tippelschritt weiterzulaufen. Ich erkundige mich telefonisch bei meiner Familie nach deren Wohlergehen. Ich selbst fühle mich nach wie vor recht gut. Der Weg wird steiler, das Gelände offener, sodass der stürmische Wind mir kalt ins Gesicht bläst. Die letzten paar hundert Meter haben es in sich. Ich steige langsam hoch im Wissen, dass ich in Kürze erst die Hälfte der heutigen Aufgabe erledigt haben werde. Ich laufe über den Westgipfel des Schöckl zum Alpengasthof. Ein prüfender Blick auf die App bestätigt das Erreichen von Gipfel Nr. 4. Ich mache ein Foto mit etwas trübem Blick auf Graz, nehme ein Gel und Wasser zu mir und laufe nach Kalkleiten zurück. Die ersten zwei Kilometer sind sehr technisch und steil. Ich laufe langsam und konzentriert. Die nächsten Kilometer lassen sich jedoch wunderbar in gutem Tempo laufen.

In Kalkleiten angekommen versäume ich abermals eine Abzweigung. Es klingt beinahe ironisch, dass ich mich im sogenannten "Falschgraben" verlaufen habe. Die Hoffnung, mich über diesen Weg der geplanten Streckenführung nähern zu können, verpufft zusehends. Immer größer wird die angezeigte Abweichung auf meiner Laufuhr, sodass ich mich entscheide, vertikal über einen steilen Abhang zur geplanten Strecke abzusteigen. Windbruchholz und rutschiges Terrain lassen die vorderen Oberschenkelmuskeln klagen.

Ich habe wieder festen Boden unter den Füßen. Entlang der Statteggerstraße geht es Richtung Süden. Hier am Trinkwasserbrunnen des Gemeindeamtes Stattegg labe ich mich mit einem weiteren Gel, trinke ausreichend, fülle die Flasks nach und mache mich ein wenig frisch. Auf Asphaltstraßen laufe ich nach St. Veit bei Graz weiter. Ein Mountainbiker strampelt recht langsam die Anhöhe empor. Während ich kurz überlege ihn zu überholen, verpasse ich gedankenversunken mal wieder eine Abzweigung. Die Uhr "brummt" und ich habe wieder ein paar Meter samt Höhenmeter als Bonus "gesammelt". Ärgerlich! 

Der Leser mag meinen: "Was raunzt der Schreiber andauernd? Dann ist er eben ein paar Minuten langsamer. Übernimmt er halt nicht die Führung in der Altersklassen-Wertung." Ganz so einfach ist es aber nicht. Denn überlässt man auf ultralangen Strecken dem Kopf die Regie, dann hat er im Zusammenspiel mit dem schon ermüdeten Körper hunderte Gründe um in den Gehschritt zu verfallen. Wieder und immer wieder. Und aus den geplanten 8 Stunden werden dann nicht 8 Stunden und 10 Minuten, sondern durch immer häufigere Geh- und Stehpausen 9, 10 oder 11 Stunden. Mag für viele auch egal sein. Aber mein Zugang ist eben, Strecken wie diese in einer für mich möglichst schnellen Zeit zu belaufen. Und da zählt dazu, mich mit hochgesteckten Zielen unter Druck zu setzen, um in Bewegung zu bleiben. Und Umwege frustrieren ...

Während am Golfclub Andritz Bälle abgeschlagen werden, stoppt mich eine rote Ampel an der Wienerstraße. Ich muss zugeben, fremdgesteuerte Stehpausen sind dann doch nicht so unwillkommen. Ich laufe über die Mur und am Shopping Center Nord vorbei nach Gösting. Beinahe in der vertikalen Falllinie geht es vom Marktannerweg zum Fürstenstand hoch. "Es muss doch laufbarere Wege hier nach oben geben", fluche ich innerlich vor mich hin, während ich mich im rutschigen Steilhang Meter um Meter an Bäumen festkrallend nach oben ziehe. Auf 1,4 Kilometer Strecke überwinde ich 360 Höhenmeter. Nach 25 schweißtreibenden Minuten habe ich die Aussichtplattform Plabutsch und somit Gipfel Nr. 5 erreicht. Ich schließe das Smartphone an die Powerbank um sicherzustellen, dass die Akkuleistung bis zum Ziel am Grazer Hauptplatz ausreicht. Auch für einen Energieriegel muss Zeit sein.

Mittlerweile bin ich 49 Kilometer weit gelaufen. Laut meinem Track müsste es hier einen Pfad geben, den ich in der Natur jedoch nicht finde. Ich laufe hin und her, verliere wieder die eine oder andere wertvolle Minute und bin am Rande der Verzweiflung. Ich entscheide mich letztendlich, einen steilen Singlepfad Richtung Eggenberg hinunter zu laufen. Nasses mannshohes Strauchwerk klatscht mir ins Gesicht, der Quadrizeps jubiliert. Auch wenn die Uhr wiederholt darauf aufmerksam macht, "falsch" zu sein, ich muss auf schnellstem Weg runter ins Tal.

Hoffnung keimt auf, als ich im Talboden offenbar doch nicht allzu weit von der geplanten Streckenführung entfernt ankomme. Kurz habe ich Sorge, Gipfel Nr. 6 verpasst zu haben. Aber rasch wird mir klar, dass die Kirche St. Johann und Paul noch vor mir liegen muss. Entlang der Baiernstraße kann ich einige flotte Kilometer laufen, obwohl ich bereits 53 Kilometer in den Beinen habe und 6 Stunden und 45 Minuten unterwegs bin.

Es geht nach St. Johann und Paul zuerst auf Asphaltstraßen, dann über Holzstufen und zu guter Letzt über einen felsigen Waldweg hoch. Das Smartphone signalisiert zum wiederholten Mal, einen der 7 Kontrollpunkte korrekt passiert zu haben. Zur Kronprinz-Rudolf-Warte führt ein durch Forstarbeiten aufgeweichter, tief verschlammter Waldweg. Der Streckenabschnitt zum letzten Gipfel des heutigen Tages will nicht enden. Unter mir führt der Plabutschtunnel. Ich zwinge mich, im Laufschritt zu bleiben. Es geht wieder hoch! Nach einigen Kehren und Höhenmetern habe ich es geschafft. Ich habe Gipfel Nr. 7 erklommen.

Ich laufe einen steilen Waldweg hinunter und rutsche auf dem weichen, tiefen Untergrund aus. Mich klatscht es auf den Rücken. Eine leicht blutende, verdreckte Schürfwunde am rechten Unterschenkel ist die Folge. Und eine Panier aus Matsch ziert michvon Kopf bis Fuß. Eine Versorgung der Wunde scheint mir nicht erforderlich. So laufe ich mit Bedacht gesetzten Schritten an der Schlosskirche St. Martin vorbei zu Tal. Endlich bin ich an der Krottendorferstraße angekommen. 6 Kilometer trennen mich vom Ziel am Grazer Hauptplatz. 

Über die Peter-Rosegger-Straße nähere ich ich dem Stadtzentrum. Hochgerechnet dürfte ich für jeden verbleibenden Kilometer 8 Minuten benötigen, um mein Ziel zu erreichen. Ich bin trotz mittlerweile sehr müder Beine noch deutlich schneller. Als ich über Don Bosco in die Kärntnerstraße laufe wird mir bewusst, dass mir die Butter nicht mehr vom Brot zu nehmen ist. Auch nicht, als ich am Eggenberger Gürtel durch die Ampelschaltung eine weitere Minute verliere. Noch zwei Kilometer! Die Erschöpfung scheine wie weggeblasen. Mit Gänsehaut laufe ich durch die Lazarettgasse und Elisabethinergasse zur Annenstraße. Vom Südtiroler Platz blicke ich auf den Schlossberg hoch und erinnere mich zurück, als ich hier vor 8 Stunden die Herausforderung angenommen habe. Ich quere die Mur, durchlaufe die schmale Murgasse und beende nach 8 Stunden und 8 Minuten meine heutige Reise über die 7 Summits von Graz am Erzherzog-Johann-Brunnen am Grazer Hauptplatz. Die MapRun6 - App signalisiert mir, dass ich alle Kontrollpunkte ordnungsgemäß passiert habe und lädt meine Laufzeit in die Ergebnisliste hoch. Geschafft! Ich bin überglücklich!

Ich schlendere zum Auto, tausche die verschmutzte und verschwitzte Kleidung gegen Warmes, gönne mir einen Schokoriegel und freue mich auf eine heiße Dusche. Ein paar Tage später wird das offizielle Endergebnis veröffentlicht. Ich habe tatsächlich die Altersklassenwertung Masters Ü45 gewonnen. Da ich die Strecke ohne Support und ausschließlich mit Leitungswasser aus öffentlichen Trinkwasserbrunnen bestritten habe, werde ich auf der Plattform fastestknowntime.com bis auf Weiters als Bestzeitenhalter der 7 Sumits Extreme in der Disziplin "unsupported" geführt. Die Gesamtwertung der Allgemeinen Klasse gewinnt Tom Wagner vom Salomon Running Team in bemerkenswerten 5 Stunden und 32 Minuten. Chapeau!

Fazit: Die Strecke hat zwar einen hohen Anteil an Asphalt, ist aber letztendlich sehr abwechslungsreich und herausfordernd. Im Grunde ist ja jeder seines eigenen Glückes Schmied. Will heißen, man wählt die Streckenführung ja selbst. Die kräftezehrenden Aufstiege entschädigen jedenfalls mit wunderbaren Blicken auf Graz. Die Sportstadt Graz hat für das "Let´s Go! Graz - Jahr" mit den 7 Summits bzw. den 7 Summits Extreme für Naturliebhaber, Lauf- und Wanderfreunde und Extremsportler wirklich tolle Projekte verwirklicht. Die verwendete App MapRun6 lief während der gesamten Nutzung sehr stabil.

Bleibt gesund und habt schöne Läufe! Danke für´s Lesen!

13.05.2021: 7 Summits Extreme Graz - Laufbericht


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Samstag, 7. November 2020

07.11.2020: Grabenlandtrail südliche Schleife - Laufbericht

Grabenlandtrail Holztafel
LAUFEN AM GRABENLANDTRAIL!
Um 04:30 Uhr starte ich mit zwei Tassen Kaffee in den Tag. Ich befülle zwei Softflasks mit Wasser, nehme mir die bereits am Vorabend mit allem Notwendigen bestückte Laufweste und fahre mit dem Auto zum Etappenziel nach Kirchbach in der Südoststeiermark, wo ich mein Fahrzeug am Parkplatz der dortigen Mehrzweckhalle abstelle.

Es ist kalt! Der Wetterfrosch prognostiziert für heute zwar stabiles Hochdruckwetter mit Temperaturen im zweistelligen Plus-Bereich, aber jetzt am frühen Morgen zeigt das Thermometer lediglich ein halbes Grad über den Gefrierpunkt an. Ich laufe trotzdem in Shorts. Die Beine sind nicht allzu kälteempfindlich. Meinen Oberkörper wärmt ein Longsleeve und darüber ein Shirt. Haube, Handschuhe und ein Schlauchtuch um den Hals dürfen auch nicht fehlen. Die Waden werden mit Kompressionsstrümpfe warm gehalten. Und dunkel ist es auchl! Die Petzl Nao+ leuchtet mir jedoch mit ihren maximal 750 Lumen zuverlässig den Weg. Gut zwei Kilometer und 100 Höhenmeter sind es als "warm up" bis zu jenem Punkt, wo ich vor zwei Jahren den Grabenlandtrail verlassen und abgekürzt habe, um ab Kirchbach auf der Originalstrecke zurück nach Fernitz-Mellach zu laufen. 

Heute liegen rund 80 Kilometer mit ungefähr 1400 positiven Höhenmetern vor mir. Ich laufe nicht gerne planlos, daher definiere ich eine Laufzeit von 10 bis 11 Stunden als Richtwert. Mir scheinen jeweils 10 Kilometer in 1 Stunde und 15 Minuten machbar. Brutto wohlgemerkt, also inklusive der Verpflege- und Fotostopps, kleinerer Umwege ...). Das würde letztendlich eine Gesamtlaufzeit von 10 Stunden ergeben.

Exakt um 06:03 Uhr starte ich mein Projekt, die südliche Schleife des Grabenlandtrails zu belaufen.
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Im Wanderführer wird der Grabenlandtrail folgendermaßen beschrieben: 

Grabenlandtrail
"Der Grabenlandtrail ist ein Rundwanderweg mit einem Zugang aus Fernitz für den Grazer Raum. Wenn Sie der Markierung folgen, sind Sie nach 130 km wieder an Ihrem Ausgangspunkt. Die Wegweiser und die Markierung sind im Uhrzeigersinn ausgelegt. Auf der Strecke durchwandern Sie 18 Gemeinden (gezählt vor der Gemeindefusion) und auf 22 Infotafeln werden Ihnen die Gemeinden und Besonderheiten der Gegend näher gebracht. Im Wanderführer sind Land und Leute sowie Naturbesonderheiten beschrieben und die Stempelstellen in den einzelnen Gemeinden genannt ..."

Aufmerksam wurde ich auf den Grabenlandtrail schon vor einigen Jahren durch einen großen Übersichtsplan inmitten des Erzherzog-Johann-Parks meiner Wohnsitzgemeinde Fernitz-Mellach. Hier nimmt der Wanderweg seinen Ausgang  und führt über St. Ulrich, Heiligenkreuz am Waasen, Schwarzau-Ursprung, St. Stefan im Rosental, Jagerberg, Weinburg bis nach Mureck sowie über St. Nikolai, Wolfsberg, Glojach, Kirchbach, Frannach und Allerheiligen wieder zum Ausgangspunkt nach Fernitz-Mellach zurück.
*Grabenlandtrail südliche Schleife

Es liegt also ein Ultratrail quasi direkt vor meiner Haustüre. Ich nehme mir damals zwar vor, den Grabenlandtrail irgend wann in seiner vollen Länge nonstop zu laufen, jedoch zwingen mich zunehmende Probleme mit meinem rechten Knie dazu, die ultralangen Kanten mit Bedacht zu wählen. Daher entscheide ich, den Grabenlandtrail in zwei Etappen zu belaufen.

Die nördliche Schleife des Grabenlandtrails bin ich im Jahr 2018 gelaufen. Damals startete ich in Fernitz-Mellach, lief die Strecke bis auf Höhe Dörfla (Schliergraben Weg), kürzte ab und lief  über Kirchbach die Originalstrecke bis nach Fernitz-Mellach zu Ende. Die Streckenlänge betrug rund 57 Kilometer. Wie es mir damals auf der nördlichen Schleife des Grabenlandtrails ergangen ist, kann hier nachgelesen werden: 
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Zum Laufgeschehen: Zum Unterschied von organisierten Laufevents bin ich heute auf mich allein gestellt. Was ich für die kommenden Stunden benötige, habe ich im Laufrucksack mit dabei. Wasser plane ich, unterwegs an Trinkwasserbrunnen nachzufüllen. Zudem liegen in Jagerberg, Mureck oder Wolfsberg im Schwarzautal Lebensmittelgeschäfte unmittelbar an der Strecke.

Ein paar Worte zur Verpflegung: Ich benötige pro Laufstunde rund 200 Kalorien. Das sind zum einen wichtige 100 Kalorien, um die Fettverbrennung am Laufen zu halten. Die restlichen Kalorien sollen das Energiedefizit ein wenig minimieren. Zur Abdeckung dieser Mindesterfordernisse an Kalorien sorgen Energy-Gels und -Riegel meines Vertrauens. Ganz gerne knabbere ich auch eine herzhafte Knabbernossi. Unterwegs werde ich mich mit einer Salami- oder Käsesemmel belohnen.

Ich packe meinen Koffer meine "Ultimate Direction Mountain Vest" und nehme zusätzlich mit: zwei Softflasks mit Wasser, ein Erste-Hilfe-Set, ein paar Euro Bargeld, den Ipod, ein Kurzarm- und Langarm-Shirt, ein Ersatz-Schlauchtuch, eine Cap, die Regenjacke, das Smartphone, Taschentücher, eine MNS-Maske und einen Müllsack. Die Ersatzkleidung schütze ich in wiederverschließbaren Frischhaltebeuteln vor Nässe und Schmutz.

Im Ziel erwartet mich heute keine Finishermedaille, statt dessen habe ich "Wander/Lauf"-Nadeln in Aussicht: Zum einen die Nadel für das erfolgreiche Meistern des Grabenlandtrails, zum anderen die Nadel für das erfolgreiche Belaufen des Schwarzautaler Höhenweges, der mit einem Streckenabschnitt des Grabenlandtrails identisch ist. Dank meiner Mami liegen die beiden - wie ich meine sehr gelungen gestalteten - metallischen Wertschätzungen bereits bei mir zu Hause. Jetzt heißt es, sie zu verdienen!

Die ersten Kilometer sind vorwiegend auf Asphalt zu laufen. Es ist ungewohnt, sich im Schein der Stirnlampe mit Hilfe der Wanderwege-Markierungen zu orientieren. Grundsätzlich ist der Grabenlandtrail durch markante Holztafeln mit dem Schriftzug "Grabenlandtrail" und den Wegschildern mit den Nummern 790, 791 oder 792 durchgehend gekennzeichnet. Für eine zielsichere Orientierung habe ich zusätzlich den GPS-Track auf meine Laufuhr geladen.

Ich laufe nicht allzu gerne auf unbekannter Wegstrecke in der Dunkelheit. "Aber bald wird die Sonne aufgehen, die Welt mit ihrem Licht erhellen und mich zudem wärmen", ermutige ich mich. Ich erschrecke kurz, als mich im Lichtkegel meiner Stirnlampe unzählige Augenpaare anstarren. Tief durchatmen! Es ist nur eine Herde Schafe. Nach einer kurzen Diskussion darüber, wer von uns das größere Schaf ist, trabe ich weiter. 

Ich laufe einen leicht fallenden Waldpfad hinter einem Nebengebäude hervor. Das mag ich gar nicht, hinterrücks in besiedeltem Gebiet aufzutauchen. Groß ist mein Respekt vor freilaufenden Hofhunden. So viel vorweg: Ich habe den ganzen langen Tag keinen Kontakt mit frei laufenden Hunden. Nach rund 2,5 Kilometer führt mich der Wegweiser auf einen Waldweg, der nach kurzer Zeit im Dickicht endet. Dank des Tracks auf meiner Laufuhr finde ich mich kurze Zeit später auf dem richtigen Weg wieder. Im Laufe des Tages werden sich solche "Bonus-Meter" auf rund 3 Kilometer summieren.

St. Stefan im Rosental liegt hinter mir. Der erste nennenswerte Anstieg steht unmittelbar bevor. Ich erspähe hoch oben in den Weinbergen die Marienkapelle. Ich laufe die Steigung locker und langsam aufwärts. Die Energie will bei einem Ultratrail mit Bedacht eingesetzt werden. Apropos Energie: Mein Fettverbrennungsmotor benötigt regelmäßig Treibstoff. Nach rund 8 Kilometer mache ich daher kurz Halt, verstaue auch gleich die Stirnlampe im Rucksack und spüle mir ein Energy-Gel mit reichlich Wasser in den Magen. 

Leider laufe ich nach wie vor fast ausschließlich auf asphaltierten Straßen, sodass ich erste Zweifel an der getroffenen Schuhwahl habe. Ich trage den Inov8 Trailtalon 290, also einen für Ultrastrecken konzipierten Trailschuh. Bislang wäre ich mit einem Straßenlaufschuh besser beraten gewesen. 

Der Sonnenaufgang ist ein großartiges Naturschauspiel. Ein Klapotetz im Vordergrund, aus dem Talboden aufsteigende Nebelschwaden, dazu der blaue Himmel und das Morgenrot verleitet mich zu einem Fotostopp. Zahlreiche weitere werden heute noch folgen.

Entlang des Saßtal-Kammweges geht´s sehr wellig dahin. Also Riedel obi, Riedel auffi, wie es so schön im südsteirischen Dialekt heißt. Ich erhasche nach Norden blickend eine wunderbare Sicht auf die Kapelle von Glojach. Der Grabenlandtrail führt direkt an ihr vorbei. Harter Tobak zu wissen, dass es bis dorthin noch rund 63 Kilometer sind. Aber im Moment ich bin guter Dinge. Die Temperaturen steigen, die Aussicht ist berauschend und der Körper signalisiert Lauffreude.

Nach 15 Kilometer habe ich Jagerberg erreicht. Hier finde ich einen Trinkwasserbrunnen vor und fülle meine Flüssigkeitsvorräte auf. Es geht dem Schlegelberg hoch. Entlang des Kammweges laufe ich weiter südwärts. Immer wieder treffe ich auf eine der 22 Infotafeln, die entlang des Grabenlandtrails über Wissenswertes der jeweiligen Region berichten. Ich kreuze den offenbar ebenfalls gut ausgeschilderten Wein- und Wasser-Weg. Ich bin mit der Aussicht auf ein gutes Glas Weißburgunder kurz verleitet, dem Pfeil Richtung Wein zu folgen. Aber erstens ist es für Alkohol noch viel zu früh und vielleicht treffe ich auch nur auf Wasser. Das habe ich selbst dabei. Nach kurzem Zwiegespräch bleibe ich dem Grabenlandtrail treu.

Endlich wird der Anteil an Forst-, Wiesen- und Schotterwegen höher. Gerade auf Waldwegen liegt teils zentimeterhohes Laub, was für einen gedämpften Fußaufsatz sorgt und unter den Laufschuhen raschelt. Herrlich! Als ich einen Hohlweg bergab laufe, vernehme ich im Augenwinkel ein davonhuschendes, felliges Tier mit buschigem Schwanz. Ich meine, einen Rotfuchs gesehen zu haben. Ich liebe es, in der Natur zu laufen. Ich liebe das Traillaufen!

Ein emotionales Highlight ist zweifelsohne der Kreuzweg in Höfla. Auf gut zwei Kilometer erzählen entlang eines Weges durch den Wald 14 liebevoll gestaltete und penibel gepflegte Stationen den Leidensweg Jesus. Demütig und dankbar dafür, dass meine Familie gesund ist, wir krisensichere Jobs haben und daher bislang sehr gut durch diese sehr merkwürdige, durch das Corona-Virus geprägte Zeit gekommen sind, setze ich mit Bedacht meine deutlich verlangsamten Laufschritte.

Ich bin in Weinburg am Saßbach angekommen. Die Strecke führt unmittelbar am Schloss Weinburg vorbei. Urkundlich wurde das auf einer Anhöhe in der Murebene errichtete Schloss erstmals 1278 erwähnt.

Auf Wiesen- und Feldwegen nähere ich mich Mureck, dem südlichsten Zwischenziel des heutigen Tages. Gedankenverloren trabe ich dahin. Gut, dass das Vibrieren meiner Uhr mich auf eine Abweichung von der Strecke hinweist. Nach der Ölmühle Sixt bin ich falsch abgebogen. Ich nutze die Gelegenheit, um meine verschwitzte Oberbekleidung gegen ein Kurzarm-Shirt zu wechseln. Auch die Haube weicht einer Cap. Die durchnässten Klamotten wandern - verpackt im Müllbeutel - in den Rucksack.

Ich trabe locker zur falsch genommenen Abzweigung zurück, quere den Saßbach und laufe an einer Teichanlage vorbei. Die Namensgebung der Teiche entlockt mir ein Schmunzeln: Mondteich, Sixtlacke und Apolloteich heißen sie. Mittlerweile habe ich 35 Kilometer hinter mich gebracht und meine Beine fühlen sich nach wie vor recht frisch an. Zeitlich bin ich mit 4:08 Stunden voll im Plan. 

Die Stadtgemeinde Mureck ist erreicht. Unmittelbar an der Strecke liegt die Bäckerei Wisiak. Ich nutze die Gelegenheit zur Einkehr und gönne mir einen "coffee to go run", dazu ein Topfentascherl. Auch stilles Mineralwasser ist im Angebot, sodass ich mich nach der kurzen Kaffeepause mit gutgefüllten Softflasks auf den weiteren Weg machen kann. Ich treffe auf die Mur. Auf der gegenüberliegenden Seite ist slowenisches Staatsgebiet. Die Staatsgrenze verläuft inmitten des Flusses.

Im linken Ufergehölzstreifen der Mur geht es für ungefähr 2,5 Kilometer gegen die Fließrichtung Richtung Westen. Schotterwege wechseln sich hier im Auwald der Mur mit Singletrails ab. Eine Übersichtstafel informiert über die hier heimischen Gehölze. Ein großartig laufbarer Streckenabschnitt.

Ich bin bei der Mündung des Schwarzaubaches in die Mur angelangt. Ich erinnere mich zurück, als ich vor zwei Jahren die nördliche Schleife des Grabenlandtrails gelaufen bin und am Schwarzau-Ursprung Halt gemacht habe. 40 Kilometer weiter fließt die Schwarzau nun in die Mur. Und ziemlich genau 40 Kilometer habe auch ich heute noch vor mir. Ich folge nun in nördlicher Richtung für viele Kilometer den Schwarzaubach. Eine in die Jahre gekommene Holzbrücke ist zu überlaufen. Einige Bretter sind schon morsch und große Lücken klaffen auf. 

Eine Infotafel in der Nähe von Murfeld ist dem Schwarzaubach und dem Grabenland gewidmet. Darauf ist unter anderem zu lesen, dass das Grabenland ein uraltes Kulturland und eine jahrhundertealte Bezeichnung für das Gebiet zwischen Grazer Feld und Radkersburg ist, welches zur Mur hin entwässert wird. Auch über die Schwarzau steht allerhand Wissenswertes auf der Schautafel.

Nur ab und zu weicht der Grabenlandtrail vom Schwarzaubach ab, um einen Abstecher in die eine oder andere Ortschaft zu machen. Ich kann mich nach wie vor am bunten Blättermeer kaum satt sehen. Kilometer 50 ist erreicht. Ich bin seit gut 6 Stunden unterwegs. Nach wie vor schnurrt mein Laufmotor zufrieden. Vor Pichla ist der Wanderweg der Ackernutzung zum Opfer gefallen. So muss ich auch hier einen kleinen Umweg in Kauf nehmen. Dafür hat man hier in Pichla als Bewanderer (oder Beläufer) des Grabenlandtrails das Privileg, ein Stück des Weges nutzen zu dürfen, obwohl ein Schild zu erkennen gibt, dass grundsätzlich ein Betretungsverbot besteht. Ausdrücklich ausgenommen von dieser temporären Ausnahme sind jedoch Bewohner der KG Pichla. Wie auch immer, warum auch immer: Ich darf hier lang!

Ich laufe durch Perbersdorf und Lipsch und nehme Kurs auf St. Nikolai ob Drassling. Meine Flüssigkeitsreserven sind aufgebraucht. Ich weiß zwar, dass mich in Wolfsberg im Schwarzautal ein Lebensmittelmarkt erwartet, aber bis dahin sind es noch einige Kilometer. Ich erhoffe mir in St. Nikolai einen Trinkwasserbrunnen und tatsächlich erfahre ich von einer freundlichen Dame, dass es - unweit der Strecke beim Feuerwehrhaus - einen solchen gibt. Diese paar hundert Meter Umweg nehme ich gerne in Kauf. Gut hydriert mache ich mich auf, um die verbleibenden rund 23 Kilometer hinter mich zu bringen.

Was mir in Pichla noch erlaubt war, scheint hier verboten zu sein. Seit 60 Kilometer laufe ich auf dem Grabenlandtrail und nun versperrt mir ein großes Eisengittertor den Zutritt auf eine dahinterliegende Wiese, über die augenscheinlich der offizielle Grabenlandtrail führt. Am Tor ist ein Schild mit dem Hinweis "Privatweg! Durchgang verboten!" montiert. Ich laufe ein paar Meter zurück, aber nicht nur mein GPS-Track weist mir hier her den Weg. Auch die montierten Wanderweg-Hinweisschilder zeigen unmissverständlich in Richtung Gittertor. Ich möchte gerne jemanden fragen, wie ich diesen Streckenabschnitt am Besten umlaufen kann. Aber ich treffe gerade niemanden an. Ich gehe zurück zum Eisentor. Das Eisentor ist unversperrt. Die Wiese scheint nicht rundum eingezäunt. Was tun? Ich bin seit über 7 Stunden auf den Beinen. Mein Gehirn arbeitet im reduzierten Modus. Ich entschließe mich, das Gittertor zu öffnen (und natürlich auch wieder zu schließen) und meinen Lauf auf der Originalstrecke fortzusetzen. Ich nehme mir vor, morgen dem Grundeigentümer eine Nachricht senden, ihm die Situation zu schildern und mich für mein Verhalten zu entschuldigen. Ebenso werde ich die Gemeinde ersuchen, einen alternativen Weg zu beschildern.

Ein mäßig steiler Waldpfad führt nach Matzelsdorf hoch. Danach folgt ein zum Glück seltener gewordener Abschnitt auf Asphalt. Das Gelände ist zunehmend kupiert und so werden wieder einige Höhenmeter gesammelt. Mitten durch den Wald, aber ganz ausgezeichnet markiert, verläuft der Grabenlandtrail hinab nach Wolfsberg im Schwarzautal. Auf das hiesige Lebensmittelgeschäft bzw. auf die Semmel mit Salami und Käse freue ich mich seit geraumer Zeit. Neben der "best salami roll ever " kaufe ich mir eine kleine Flasche Cola sowie stilles Mineralwasser und ein Gatorade für meine Trinkflaschen. Auch was Süßes darf nicht fehlen. Nach einer rund 10-minütigen Labepause fühle ich mich für den finalen Streckenabschnitt bestens gerüstet.

Steil geht es dem Kogelweg hinauf. Am Kamm angelangt, wird mir etwas kühl. Ich entscheide mich für einen weiteren Kleiderwechsel. Das Shirt folgt den durchnässten Sachen in den Rucksack und ich streife mir ein trockenes, wärmendes Langarmshirt über. Weitere wunderbare Kilometer über Waldwege folgen. Inmitten des Waldes hat mir jemand zwei Stühle für die Rast bereit gestellt. Wer mich kennt weiß jedoch, dass ich es liebe, alleine zu laufen. Daher hätte ein Sessel gereicht. Aber für eine Pause ist jetzt ohnehin nicht die Zeit! Kilometer 72 ist erreicht. Seit 9 Stunden und 22 Minuten bin ich auf den Beinen. Ich habe einen guten Blick auf die Glojacher Kapelle, mein nächstes und letztes mentales Zwischenziel. Mir geht es nach wie vor recht gut. Klar zwickt und zwackt es mal hier, mal da, aber nennenswerte Beschwerden habe ich keine. Der Weg führt über Stufen und quer über eine Wiese nach oben. Ich wechsle bergauf in den Gehschritt.

Ich bin bei der Dreifaltigkeitskapelle in Glojach angelangt. Ich halte kurz inne, genieße die wunderbare Aussicht und laufe dann über Wiesenpfade, Waldwege und Gemeindestraßen in den Talboden von Tagensdorf. Zuvor informiert am Sonnenberg eine weitere Infotafel über "Interessantes am Weg".

Es wird dämmrig, als ich an einem Wildgatter die letzten Höhenmeter abwärts trabe. Ich erblicke bereits den Kirchturm von Kirchbach im Sonnenuntergang. Noch 4 Kilometer! Ich mache in Maierhofen einen letzten Stopp, um die Stirnlampe wieder in Betrieb zu nehmen. Es ginge zwar noch ohne dem künstlichen Licht, aber ich will nicht nur selbst gute Sicht haben, sondern vor allem in den Dämmerstunden auch von Mitmenschen, Auto- und Radfahrern gut gesehen werden! Entlang des Zerlachbaches laufe ich über einen breiten Begleitweg auf mein Ziel zu. Ich bin in Kirchbach angelangt. Nach wenigen hundert Metern auf Gehsteigen durch den Ort ist es geschafft!

Nach 10 Stunden und 57 Minuten bin ich in Kirchbach an dem Punkt angelangt, an dem ich 2018 die nördliche Schleife über Frannach, Allerheiligen bei Wildon nach Fernitz-Mellach fortgesetzt habe. Knapp 83 Kilometer war ich heute auf den Beinen. Nun bin ich in zwei Etappen den gesamten Grabenlandtrail belaufen und habe ein weiteres Projekt meiner "Ultrarun-Bucket-Liste" erfolgreich abgeschlossen.

Fazit: Der Grabenlandtrail war es auf jeden Fall wert, belaufen zu werden. Gerade die östliche Route bietet prachtvolle Fernsicht. Zwar verdient nicht jeder Streckenabschnitt die Bezeichnung "Trail", da der Anteil an asphaltierten - aber zum Glück kaum befahrenen - Nebenstraßen doch recht hoch ist, aber immer wieder gibt es wunderbare Kilometer, die das Herz eines Trailläufers höher schlagen lassen. Letztendlich hat sich meine Schuhwahl als richtig herausgestellt. Auf manch steilen Wald- und Wiesenpfaden wären Straßenlaufschuhe an ihre Grenzen gestoßen.

Grundsätzlich ist der Grabenlandtrail sehr gut markiert. Gut zu wissen ist, dass man den Wegnummern 790, 791 und 792 zur Orientierung folgen muss, denn die markanten Grabenlandwegweiser aus Holz sind lediglich an wichtigen Abzweigungen montiert. Da in St. Nikolai ob Drassling der Wanderweg auf einem kurzen Teilstück widerrufen wurde, sollte mit einer alternativen Wegstrecke Abhilfe geschaffen werden. Auf jeden Fall ist all Jenen zu danken, die mit der Instandhaltung der Markierungen viel Arbeit auf sich nehmen bzw. natürlich auch ein Dank an die jeweiligen Grundbesitzer, die ihre Grundstücke der Öffentlichkeit zugängig machen. Wer die technischen Voraussetzungen hat, sollte sich die Vorteile des GPS-Track zu Nutze machen.

Trinkwasserbrunnen und Labemöglichkeiten sind entlang der Strecke ausreichend vorhanden. Öffentliche Wasserbrunnen sind zum Beispiel in Heiligenkreuz am Waasen, Jagerberg, St. Nikolai ob Drassling, Allerheiligen bei Wildon errichtet. Auch Lebensmittelgeschäfte finden sich in Mureck, Wolfsberg im Schwarzautal oder in Kirchbach unmittelbar an der Strecke wieder. Ganz abgesehen von den Buschenschänken, bei denen man sich mit wenig Umweg laben kann. Ich habe mit zwei Softflasks zu je 0,5 Liter Fassungsvermögen recht gut das Auslangen gefunden.

Für Wanderer: Auf der Infotafel in Fernitz-Mellach ist in Summe eine Gehzeit von 31 Stunden angegeben, was durchaus ambitioniert erscheint. Möchte man die gesamten 133 Kilometer des Grabenlandtrails durchwandern, sollte die Strecke wohl auf 4 Tagesetappen aufgeteilt werden.

07.11.2020: Grabenlandtrail südliche Schleife - Laufbericht


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Sonntag, 2. August 2020

02.08.2020: 5. Int. Raiffeisen Lipizzanerheimat Berglauf Graden - Laufbericht

Berglauf Graden
In den letzten zwei Wochen habe ich vermehrt Tempoeinheiten in meinen Trainingsplan geschrieben. Bevor das Hauptaugenmerk wieder auf größere Umfänge als Vorbereitung für die im Herbst folgenden Bergmarathons gelegt wird, stehe ich heute beim sehr anspruchsvollen 5. Internationalen Lipizzanerheimat Berglauf in Graden an der Startlinie. 

Graden ist eine Ortschaft der Stadtgemeinde Köflach und liegt in der Weststeiermark. Der Ort war bis 2014 eine eigenständige Gemeinde, die bei ihrer Gründung den Namen Grade-Piber getragen hat. Im Rahmen der Gemeindestrukturreform 2014/2015 wurde Graden mit der Stadtgemeinde Köflach zusammengeschlossen. Die als Lipizzanerheimat weit über ihre Grenzen bekannte Region bietet für Bergläufer neben anspruchsvollen Steigungen auch herrliche landschaftliche Fernblicke.

Die Fahrzeit nach Graden beträgt aus dem Süden von Graz eine knappe Stunde. Meine persönliche Klima-Strategie sieht die Einhaltung der selbst auferlegten Formel "Fahrzeit zum Laufevent  < Laufzeit" vor. Angesichts des Streckenprofils sollte diese Anforderung erfüllt werden, denn auf 8,5 Kilometer Distanz warten 1000 positive Höhenmeter darauf, belaufen zu werden. Ich plane mit einer Zielzeit von rund 65 Minuten.

Organisiert wird der Lipizzanerheimat Berglauf Graden vom Verein LTV-Köflach. Neben dem Volkslauf findet auch der sogenannte Hobby/Jugendbewerb über 4,2 km und 310 hm statt.  Obwohl die Covid-19-Einschränkungen auch im Breitensportbereich mittlerweile deutlich gelockert sind, hat der Veranstalter ein sehr umsichtiges und strenges Covid-19-Präventivprogramm ausgearbeitet. Die für den LTV-Köflach einen sehr hohen Stellenwert einnehmenden Kinderbewerbe mussten trotz aller Bemühungen leider verschoben werden.

Penibel wird im Startbereich am Dorfplatz in Graden auf Hygiene und auf die Einhaltung der Abstandsregelung geachtet. Beim Zugang zur Abholung der Startunterlagen wird sogar Fieber gemessen und die Temperatur auf der Startliste vermerkt. Obwohl ich zu Beginn der Pandemie die meisten der verordneten Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Infektion persönlich für zweckmäßig erachtet habe, kommt mir dieser Vorgang am Start dieser überschaubaren Laufveranstaltung völlig surreal vor. Die eigene Körpertemperatur zählt jetzt vielleicht nicht zu den schützenswertesten der persönlichen Gesundheitsdaten. Trotzdem muss hier eine kritische Hinterfragung erlaubt sein, zumal angeblich 90 Prozent der mit Covid-19 infizierten Personen keinerlei Symptome zeigen. Viel mehr sollte auf Bewusstseinsbildung gesetzt werden.

Mit den bei mir festgestellten 36,6 Grad bin ich jedenfalls für den Start zugelassen und nehme mit frisch desinfizierten Händen das Startpaket in Empfang. Für 30 Euro Nenngeld erhält der Teilnehmer neben der Startnummer und dem Zeitchip der Firma Hightech Timing auch eine tolle Printausgabe über die Lipizzanerheimat, eine Postkarte, sonstiges Werbepapier bzw. Zugaben einiger Sponsoren. Auch viele tolle Fotos werden vom Veranstalterteam im Anschluss an den Lauf auf Facebook hochgeladen. Ein Essens-Bon ist ebenfalls dem Startpaket beigepackt, der später beim Oskar Schauer Sattelhaus gegen Schweinsbraten, Nudeln und Co. eingetauscht werden kann. 

Beim Sattelhaus, eine von den Naturfreunden Österreichs bewirtschaftete Unterkunft, wird am frühen Nachmittag auch die Siegerehrung stattfinden. Das Gepäck wird vom Startbereich ebenfalls hier her gebracht. Und da die Streckenführung bei Kilometer 6 am Sattelhaus vorbei nach oben Richtung Terenbachalm führt, ist zudem eine Verpflegestelle eingerichtet.

Ursprünglich war ein Shuttle-Rücktransport vom Sattelhaus in das Dorfzentrum von Graden geplant. Denn die meisten Teilnehmer haben ihr Fahrzeug unmittelbar im Startbereich abgestellt. Aber auch hier hinterlässt die Angst vor Corona-Infektionen ihre Spuren. Der Shuttle-Transport entfällt heuer. Viele Teilnehmer reisen mit Begleitung an, die dann mit dem Fahrzeug zum auf rund 1400 Meter Seehöhe liegende Schutzhaus fahren. Ich reise alleine an und plane daher, die Strecke ins Dorfzentrum von Graden zurück zu laufen. Daher habe ich alles Notwendige in meine Laufweste gepackt.


Das größte Novum für mich ist jedoch der Einzel-Intervallstart. Die größte Menschenansammlung gäbe es im Startgedränge. So hat sich der Veranstalter entschieden, die Teilnehmer einzeln im Abstand von jeweils 30 Sekunden auf die Strecke zu schicken. Mir wird die Startnummer 32 zugewiesen. Ich laufe mich 15 Minuten warm, gebe die Laufweste beim Gepäcktransportservice ab und sehe mir an, wie mit Startnummer 1 um Punkt 10:00 Uhr der amtierende österreichische Staatsmeister im Berglauf, Manuel Innerhofer, die Strecke in Angriff nimmt. Er wird seiner Favoritenrolle gerecht werden und den 5. Int. Raiffeisen Lipizzanerheimat Berglauf in Graden in knapp 47 Minuten gewinnen. Insgesamt gehen 78 Teilnehmer aus 6 Nationen an den Start. Endlich geht es für mich in den Startbereich. Ich werde namentlich mit Vereinszugehörigkeit angekündigt und kurze Zeit später habe ich die Startfreigabe.

Für mich ist die Strecke Neuland. So weiß ich im Vorfeld nicht, dass auf dem ersten Kilometer bereits 164 Höhenmeter zu bewältigen sind. Die Steigung ist kaum laufbar. Die steile Asphalstraße geht in noch steilere Wiesen- und Waldpfade über. Ich bin zu schnell gestartet. Bereits nach 500 Meter habe ich das Gefühl, dass meine Muskeln übersäuert sind. Die Oberschenkel brennen. Ich verfalle in einen Gehschritt. Es ist sehr frustrierend, bereits nach wenigen hundert Metern vom 30 Sekunden nach mir gestarteten Läufer mit der Startnummer 33 eingeholt und scheinbar mühelos überholt zu werden. 

Kilometer 2 offeriert weitere 185 Höhenmeter. Auf einem steinigen und mit Tannenzapfen übersäten Hohlweg geht es teils steil nach oben. Gelb markierte Steine, Hinweisschilder und Absperrbänder geben Gewissheit, am richtigen Weg zu sein. Steiniger Untergrund, teils üppige Vegetation, wurzelbewachsene Pfade und immer wieder tolle Ausblicke in die Lipizzanerheimat prägen den Laufabschnitt am Kern-Buam-Panoramawanderweg. Nach gut 3 Kilometer stehen rund 500 Höhenmeter auf der Haben-Seite. Allerdings bin ich auch schon 30 Minuten unterwegs und sehe mein ambitioniertes Zeitziel mit 65 Minuten bereits als gescheitert.

Ab Kilometer 4 ist die Strecke gut laufbar. Auf einer Forststraße geht es mäßig steigend zur Verpflegestation, wo ich mich mit einem Gel aus der Hosentasche und zwei Becher Wasser labe. Anfangs sogar leicht fallend und folglich wieder moderat ansteigend geht es auf einem breiten Schotterweg bis zum Sattelhaus. Die Verpflegestelle lasse ich hier ungenutzt. Ins Ziel fehlen noch 2,5 Kilometer.

Abermals geht es steil hoch. Satte 183 Höhenmeter fallen entlang des Kilometers 7 an. Ich verfalle wieder in den Gehschritt. "Trailrunning-Stöcke würden mir hier einen guten Dienst erweisen", denke ich mir, während ich auf eine lebensgroße Christusstatue hochsteige. Ich kann mir gerade kein Urteil bilden, ob die in weiß gehaltene Statue auf Steinsockel für mich optisch in die Landschaft passt. Mittlerweile bin ich am Bergkamm angekommen und das Herz des Trailläufers pocht nicht nur angestrengt, sondern jauchzt innerlich ob der landschaftlichen Schönheit. Fernsicht entschädigt für die Strapazen des Aufstiegs. Sogar Lipizzaner säumen den Pfad. Ich genieße den Lauf hier oben auf dem Kamm der Terenbachalm in vollen Zügen und überquere nach 1 Stunde und 13 Minuten die auf 1675 Meter Seehöhe gelegene Ziellinie.

Die Klamotten sind pitschnass geschwitzt und es weht eine kühle Brise. Der Veranstalter hat vorgesorgt und reicht neben der Finisher-Medaille auch einen Einweg-Poncho, den ich mir gerne überziehe, um nicht auszukühlen. Auch Getränkeflaschen stehen bereit.

Nun muss ich noch den 2,5 Kilometer langen Rückweg zum Sattelhaus angetreten. Ich mache den entgegenkommenden Teilnehmern großzügig Platz und feuere sie an. "Schade, dass ich mein Smartphone nicht dabei habe", denke ich mir das eine ums andere mal. An Fotomotiven mangelt es hier am Berg nicht. Aber das Smartphone ist in der Laufweste und die ist beim Gepäcktransport.

Zurück beim Sattelhaus nehme ich meine Laufweste in Empfang und ziehe mir ein trockenes Shirt über. Die Nudeln mit Eierschwammerl sehen lecker aus, doch ich habe keinen allzu großen Hunger. Ich gönne mir daher bloß ein Hopfengetränk, ziehe mir meine Laufweste über und laufe zu Tal. Am Weg zurück ins Dorfzentrum von Graden mache ich einige Fotostopps, nehme mir als Andenken einen gelb markierten Stein mit und lasse das heutige Laufabenteuer gedanklich Revue passieren.

Fazit: Der Veranstalter hat es geschafft, trotz der strengen behördlichen Vorgaben eine tolle Laufveranstaltung zu organisieren. Die Strecke ist sehr anspruchsvoll und für mich auf den ersten drei Kilometern nicht allzu gut laufbar. Respekt an die Teilnehmer, die hier eine Laufzeit von deutlich unter einer Stunde in die Wiesen-, Schottwege und Almpfade stampfen. Für all die Strapazen entschädigt  traumhafte Fernsicht und die Chance, Lipizzaner beim Weiden antreffen zu können.

02.08.2020: 5. Int. Raiffeisen Lipizzanerheimat Berglauf Graden - Laufbericht


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