Donnerstag, 25. August 2016

"Kulturschock" vorprogrammiert!

Das nächste kräftezehrende Training ist abgearbeitet. Nach einer Aufwärm-Einheit habe ich mir 5 mal 1,5 Kilometer im Tempo "5 min/km, also 12 km/h" mit jeweils 3 min Trabpause verordnet; als Nachschlag gab es am Ende noch etwas schnellere 800 Meter. Nach kurzem Auslaufen freut sich der Körper nun auf einen Ruhetag.

Die letzte fordernde Belastungswoche vor dem nächsten Saisonziel, dem 6-Stunden-Lauf in Steyr, ist in vollem Gang. Die Beine signalisieren ausgepowert zu sein und flehen zeitweise um Gnade und Erholung; aber noch wartet die eine oder andere Trainingseinheit einschließlich eines langen Dauerlaufes über 35 bis 40 Kilometer. Im Anschluss wird in den darauf folgenden beiden Wochen das Training im Umfang jedoch deutlich reduziert, um am "Raceday" bestmöglich vorbereitet am Start zu stehen. Ich bin bis zum heutigen Tag in diesem Jahr knapp über 1600 Kilometer gelaufen.

An der Startlinie eines 1369 Meter langen Rundkurses werde ich um Punkt 10.00 Uhr auf den Startschuss warten. Inmitten eines Industriegebietes zwischen Hallen von Steyr Motors und Kappa Filter Systems! Vor drei Wochen durfte ich mich an den landschaftlich wunderschönen Ausblicken beim Kainacher Bergmarathon erfreuen, bald werde ich eine unspektakuläre Schleife mit dem Ziel in Angriff nehmen, diese bis 16.00 Uhr wenigstens 40 mal zu umlaufen.

Der "Kulturschock" scheint also vorprogrammiert. Die Bezeichnung "Rundkurs" ist für diese Streckenführung schmeichelhaft. Nüchtern betrachtet ist es ein "Hin- und Zurück-Kurs mit Umkehrschleifen".

Danke an "6-Stunden-Lauf-Steyr" für die Bereitstellung des Fotos
Es wird mein erster Lauf dieser Art sein. 6 Stunden sind am 10. September also Zeit, um so viele Kilometer als möglich zu laufen. Monotonie pur! Aber wie schon in einem anderen Bericht geschrieben, bin ich offen für sehr viele Varianten des Laufsports und bezeichne mich daher als Allrounder.

Zweifelsfrei hat diese überschaubare Strecke auch ihre Vorzüge: Man läuft je nach eingeschlagenem Tempo alle 6 bis 10 Minuten an seiner Tasche und an einer Verpflegungsstelle vorbei. Wenn man es bleiben lassen möchte, hat man maximal knapp 700 Meter zum Start-/Zielbereich, vorausgesetzt man wählt den kürzeren Weg. So gesehen eine risikoarme Möglichkeit, die Grenze zum derzeit Machbaren auszuloten.

Mein Minimalziel ist mit 55 Kilometer gesetzt. Weniger gelaufene Kilometer wären eine große Enttäuschung. Positiv denken heißt das Zauberwort, daher wird nach vorne geblickt und als Ziel 60 Kilometer definiert. Bin ich also nach 6 Stunden Wettkampfzeit 44 oder mehr Runden gelaufen, freut es nicht nur mich, sondern auch dem Pfarrkindergarten Fernitz-Mellach. Denn gekoppelt an meine Leistung ist die Spende, die der Kindergarten für den Ankauf eines neuen Kinderfahrzeuges oder einer Murmelbahn zu erwarten hat.

Da jeder Kilometer 4,50 Euro EDIT: mittlereile 6 Euro für die gute Sache einbringt, wird diese zusätzliche Motivation hoffentlich zur Erreichung meines Zieles beitragen.

Es freut mich, sich wieder zu lesen ...
Wolfgang alias #42undmehr




Dienstag, 16. August 2016

Offen sein für die Bandbreite des Laufsports

Läufst du gerne auf abgesperrten Straßenzügen in Großstadt-Metropolen, gesäumt von Zuschauermassen und verbindest deine Wettkämpfe mit Sightseeing? Oder bewegst du dich gerne in den Bergen auf technisch anspruchsvollen Single-Trails, wo eine atemberaubende Naturkulisse für die Strapazen und für das ausbleibende Publikum entschädigt? Welcher Lauftyp bist du?

Scheuklappen weg; Allrounder sein!

Ich selbst bin mittlerweile ein überzeugter Allrounder. Ich laufe meinen langen Dauerlauf auf ebener geteerter Straße, mache am anderen Tag mein Intervall-Training auf Single-Trails im Wald und nehme dann wieder an einem Landschaftsmarathon im südsteirischen Hügelland teil.

Jeder dieser abwechslungsreichen Läufe macht Freude. Ich kann wirklich nur jedem empfehlen, offen für die große Bandbreite unseres Sports zu sein und Neues zu versuchen.


Graz-Marathon 2014
Stadtläufe: Laufend eine neue Stadt zu entdecken, ist für uns Läufer zweifelsfrei eine schöne Sache. Stadtkurse führen an Sehenswürdigkeiten vorbei und bieten in der Regel ein großes Publikum. Wer sich nicht gerne einsam fühlt, ist bei einem Stadtlauf ebenfalls gut aufgehoben. Bei etablierten Markt- oder Stadtläufen gibt es kaum Streckenabschnitte, wo nicht Mitläufer in Sichtweite sind. Als weiteres Plus zählt sicherlich die Vielzahl von verschiedenen Streckenlängen, die meist angeboten werden. So ist man mit recht überschaubaren Trainingsaufwand bald fit für den ersten "Hobbylauf" über 5000 Meter.

Ich rate dazu, sich die ersten Wettkampfsporen bei einem gut gebuchten Stadt- oder Marktlauf zu verdienen. Die für eine solche Veranstaltung unbedingt erforderliche Ausrüstung beschränkt sich auf ein Paar Laufschuhe, eine sportlichen Bekleidung und natürlich eine der Distanz angemessene Vorbereitungszeit.


Zusätzliches Plus: Trainingsreiz!

Eine Trailstrecke in den Bergen beansprucht mitunter andere Muskelpartien als ein Marathon auf einem flachen Stadtkurs, sodass durch verschiedenste Streckenprofile und Laufuntergründe neue Trainingsreize gesetzt werden. Auf langen Dauerläufen gesammelte Grundlagenausdauer hilft dir in kupiertem Gelände weiter, wo technisch anspruchsvolles Laufen wiederum deinen Laufstil verbessert und deine Koordination und Reaktionsfähigkeit stärkt.

Während man bei ebenen Stadtläufen ein Tempo konstant zu halten versucht, gestaltet sich ein Berg-/Traillauf kreislauftechnisch anspruchsvoller. Bedingt durch das profilierte Gelände "schießt" bergauf schon mal der Puls in die Höhe, um sich dann auf flachen Passagen oder Abschnitten mit Gefälle zu erholen. Der Blick muss dabei auf den Laufuntergrund gerichtet sein, um Stürze und damit verbundenes Verletzungsrisiko zu verhindern. Traillaufen fördert somit auch die Koordinationsfähigkeit. Traillaufen bringt den Körper und den Geist auf ein neues Leistungslevel.


Blick auf die "steirische Toskana"
Dein letzter Marktlauf führte dich über 4 Runden zu je 2,5 Kilometer durch enge Häuserschluchten? Du suchst laufend Abwechslung, fühlst dich aber für einen Trail mit zweitausend Höhenmeter und technisch schwierig zu laufenden Bergpfaden (noch) nicht bereit? Darf ich vorstellen: Der Landschaftsmarathon!

Die Schönheit der Natur genießen, steht für mich bei Landschaftsläufen an erster Stelle. Die Läufe finden größtenteils auf asphaltierten Wegen statt, sodass der Blick weg vom meist ebenen Laufuntergrund auf Täler, Weiden, Wälder, Hügel und Dörfer gerichtet werden kann.

Ich persönlich bin ein Fan von Läufen von A nach B, so wie es zum Beispiel der Welsch-Marathon in der Südsteiermark ist. Der Lauf startet in Wies und endet im 42,2 Kilometer entfernten Ehrenhausen (im darauf folgenden Jahr in die entgegen gesetzte Richtung). Diese Streckenläufe verstärken im Vergleich zu Rundkursen das Gefühl, "weiter" gelaufen zu sein, viel Neues entdeckt und Großes geleistet zu haben.


Single-Trail
Ausrüstung für den Trail

Die Verpflegestellen sind auf langen Trailstrecken rarer als bei Stadtläufen, wo man quasi bei jeder Häuserecke Wasser, Iso und Bananen kredenzt bekommt. In der Trailszene, speziell bei Ultra-Trailläufen, setzt man auf mehr Autonomie. Eine Distanz von 10 Kilometer und mehr kann zwischen der einen und der nächsten Labestelle dazwischen liegen. Hat man einen sehr anspruchsvollen Streckenabschnitt vor sich, kann man für diese Distanz schon mal 1,5 oder 2 Stunden benötigen. Ein Laufrucksack ist daher unbedingt zu empfehlen bzw. wird großteils reglementarisch verlangt. Er bietet nicht nur Platz für Flüssigkeit, man kann mit ihm auch ein Smartphone sowie ein kleines Erste-Hilfe-Paket oder Ersatzkleidung mitführen.
Mein Laufrucksack

Auf matschigem Terrain oder im Hochgebirge sind Trailschuhe zu empfehlen. Zum Unterschied zu "normalen" Laufschuhen bieten Trailschuhe ein entsprechend tiefes und rutschfestes Profil, um auf nassen Steinen, Geröllwegen oder matschigen Wald- und Wiesenpassagen entsprechend Halt zu finden. Eine stabil ausgeführte Zehenbox schützt den Fuß vor Verletzungen durch Wurzeln und spitzen Steinen.


Das Gefühl der Freiheit

Hat man sich einen Laufrucksack gekauft, wird man ihn nicht mehr missen wollen. Er erfüllt nicht nur bei Trailläufen seinen Nutzen, er gibt uns auch auf Trainingsläufen die Möglichkeit, nicht stur an einer Laufroute mit bekannten Trinkwasserbrunnen festzuhalten. Laufend die Welt entdecken, heißt nun das Motto.

Sei spontan! Mache deine Trainingseinheiten zu Erlebnisläufe. Bewege dich runter von der Asphaltstraße, laufe den Waldweg empor, quere die Wiese um für die nächsten Kilometer wieder auf befestigtem Weg zu laufen. Bringe Abwechslung in deinen Laufalltag.

Der Erfolg wird sich einstellen! Zugegeben, es verlangt einige Zeit an Training. Aber die Fähigkeit, zu jeder Tages- und Nachtstunde 4 oder mehr Stunden laufen zu können, gibt ein unbeschreibliches Gefühl der Freiheit.




Montag, 8. August 2016

07.08.2016: Kainacher Bergmarathon - Laufbericht

Ich bin auf dem Weg in den Ort Kainach bei Voitsberg. Es erwartet mich heute mit dem Kainacher Bergmarathon ein anspruchsvoller Marathon mit Überlänge. Die letztendlich 44,5 Kilometern sind mit 1800 positiven Höhenmetern gespickt. Dazu kommt der Umstand, dass bis auf wenige Asphaltkilometer der Großteil der Strecke auf Wiesenwegen, Single-Trails, Geröllpassagen, Auf- und Abstiegen mit kniehohem Fels gelaufen wird. Der Kainacher Bergmarathon zählt daher mit Recht zu den anspruchsvollsten Rennen in der Steiermark und ist meine bislang größte läuferische Herausforderung.

Bin ich heute dafür bereit? Diese Frage stelle ich mir seit gestern Abend zunehmend. An eine solche läuferische Herausforderung sollte man eigentlich getapert an´s Werk gehen. Tapering bedeutet in diesem Zusammenhang, dass man vor dem Wettkampf auf effiziente Weise das Training reduziert und entsprechend "ausgeruht" an den Start geht. Aber dieser Wettkampf dient mir lediglich als zusätzlicher Trainingslauf für das nächste Saisonziel, dem 6-Stunden-Lauf in Steyr. Am letzten Wochenende stand ein 33 Kilometer langer Trainingslauf in das Wellenbad Gleisdorf am Programm. Letzten Montag war ich am Golfplatz, Dienstag, Mittwoch und Freitag hatte ich Lauf-Trainingseinheiten. Am Ende des heutigen Laufes werde ich eine Wochensumme von knapp 80 Kilometer gelaufen sein.

Die Abholung der Startunterlagen gestaltet sich unkompliziert. Das "Wettkampfbüro" ist in der Volksschule Kainach einquartiert. Umkleiden und Duschen stehen hier ebenfalls zur Verfügung.

Gemeinsam mit weiteren 87 Einzelläufern stehe ich am Start. Für meine Familie zu Hause habe ich "live tracking" aktiviert. So kann mein Fortschritt wieder in Echtzeit am Smartphone daheim verfolgt werden. Zusätzlich nutze ich heute erstmals eine weitere Funktion meines Garmin 920XT. Ich habe mir gestern den GPX-File der Laufstrecke auf meine Laufuhr geladen. Mit der Navigationsfunktion werde ich heute darauf hingewiesen werden, wenn ich die Stecke verlasse und ich in Begriff bin, mich zu verlaufen.

3, 2, 1, Start. Die ersten rund 1,5 Kilometer führen auf noch halbwegs flacher Asphaltstraße aus dem Ort Kainach. Dann folgt bereits der erste steile Anstieg auf einem Wiesenweg, der von den Regenfällen vor zwei Tagen recht aufgeweicht ist. Laut Streckenprofil wird es bis Kilometer 17 kontinuierlich steigen. Das tut es letztendlich auch ;-). Teilweise finden wir Läufer noch gut laufbare Aufwärtspassagen vor; an manchen steilen Anstiegen geht es nur mehr mit Tippel-Schritten oder gar nur mehr im Gehschritt voran.

Ich laufe mittlerweile 2 Stunden ununterbrochen aufwärts. Über die Roßbachalpe geht es dem höchsten Punkt der Strecke entgegen. Sehr viele Kuhgatter müssen passiert werden. Mancherorts stellt sich Familie Kuhli-Muh einfach in den Weg, um das merkwürdige Treiben der bunten Laufgestalten aus nächster Nähe zu beobachten. Für mich als kleiner Rindvieh-Angsthase ist es eine zusätzliche Herausforderung, mich an den wiederkauenden Vierbeinern vorbei zu schummeln.

"Hier oben" sind wunderbare Single-Trails zu laufen. Durch die teilweise hohen Steinstufen ist dieser Streckenabschnitt technisch besonders anspruchsvoll und bedarf große Aufmerksamkeit, um nicht zu stürzen. Verletzungen wären hier bei einem "Stolperer" vorprogrammiert. Ein wundervoller Ausblick weit über das Tal hinaus entschädigt für die Mühen des Aufstieges.

Nun folgt der steilste Streckenabstieg. In der beinahe Vertikalen geht es über ausgewaschene Pfade mit wieder teils kniehohen Stufen zum Gleinalm-Schutzhaus, wo eine der rund 10 Versorgungsstellen eingerichtet ist.

An den Labestellen werden neben Iso und Wasser auch Cola sowie Bananen und Energie-Riegel angeboten. Zudem findet man gut gelaunte Helfer mit aufmunternden und motivierenden Worten vor. An dieser Stelle einen herzlichen Dank für die gute Betreuung entlang der Strecke.

Nach einem welligen, etwas steinigen Waldweg wird die sogenannte Lipizzanerweide durchlaufen. Die Halbmarathonmarke erreiche ich nach etwa 2 Stunden und 45 Minuten. Ich habe also für die 21 Kilometer gut eine Stunde länger gebraucht als ich bei einem Halbmarathon auf flacher Asphaltstrecke benötigen würde. Zu diesem Zeitpunkt ist mir bereits klar, dass die anvisierte Endzeit mit 5 Stunden kaum erreichbar sein wird.

Die Strecke fällt jetzt zwar größtenteils, macht sie aber durch unebenen Laufuntergrund nicht einfacher zu laufen. Eher im Gegenteil. Ich habe mich gegen einen Trailschuh entschieden und laufe mit meinen Adidas Sequence Boost. In Querpassagen geben sie meinen Füßen zu wenig Längsführung und die Sohle schützt meine Füße kaum gegen den teilweise spitzsteinigen Untergrund. Dass ich bereits eine riesengroße Blase an einer Zehe des linken Fußes habe, werde ich erst morgen feststellen. Zu sehr lenken die Schmerzen in der vorderen Oberschenkelmuskulatur von allen übrigen kleineren Weh-Wehchen ab.

Denn die Oberschenkelstrecker haben mittlerweile genug vom "Bergab-laufen". Er schmerzt beidbeinig bei jedem Schritt. Aber wie heißt es so schön: Der Schmerz geht, der Stolz bleibt. Und so wird es auch heute sein.

Die "giftigen" Gegenanstiege und schmalen Pfade machen die Strecke weiterhin sehr anspruchsvoll und kosten Zeit. Gegenhänge sind mittlerweile eine gern gesehene Abwechslung und Entspannung für die Muskulatur. Dieser Lauf lehrt, dass aufwärts laufen deutlich angenehmer sein kann als bergab.

Aber gute 4 Kilometer geht es noch nach unten zurück in den Ort Kainach. Der trailige Laufuntergrund ist nach fast 5 Stunden Asphalt gewichen. Ich muss auf diesem Gefällestück zweimal kurz anhalten, um mein Gebein zu lockern.

Im Tal angelangt, labe ich mich an der letzten Verpflegestelle und nehme die abschließende sogenannte "Sadistenschleife" in Angriff. Woher der Name? Man befindet sich eigentlich unmittelbar vor dem Ziel, aber die Strecke führt nochmals weg vom Ortszentrum und macht eine Schleife. Es geht nochmals für ein paar hundert Meter nach oben. Meinen Oberschenkeln freut´s. Aber wo es nach oben geht, geht es in der Regel - speziell wenn es sich um einen Rundkurs handelt - auch wieder nach unten. Diese finalen Meter werden nun wieder auf geschottertem Weg gelaufen und können mir nichts mehr anhaben.

Unter persönlicher Ankündigung durch den Platzsprecher laufe ich nach 5 Stunden und 23 Minuten auf dem 35. Platz von 88 Teilnehmern in das Ziel.

Fazit

Der Kainachder Bergmarathon wird vom TUS Kainach, der Sektion Leichtathletik und Triathlon, organisiert. Das Nenngeld ist mit einem Preis ab 40 Euro bis zu 55 Euro im Fall der Nachnennung für einen Landschaftslauf im höheren Bereich angesiedelt. Dafür erhält man ein Finisher-Shirt aus Funktionsfaser sowie eine Tageseintrittskarte für die Therme Nova in Köflach und weitere Zugaben wie Müsli-Riegel, Getränk, Produktproben etc. Angesichts dieser großzügigen Beigaben und auch Dank der tollen Organisation und Verpflegung vor Ort scheint das Startgeld angemessen.

Die Strecke selbst ist technisch sehr anspruchsvoll und ist bedingt durch die Länge und Höhenmeter eher gut trainierten Läufern vorbehalten. Die Strapazen werden jedoch mit wunderbaren Ausblicken entschädigt. Ich kann den Kainacher Bergmarathon vorbehaltlos weiterempfehlen.


Dienstag, 2. August 2016

Von Bierbäuchen und Maiswurzelbohrern entlang des R49

Da das hochsommerlich heiße Wetter jenseits der 30 Grad Celsius zum Baden einlädt, der wöchentliche lange Trainingslauf aber trotzdem gelaufen werden will, ist das Ziel des langen Dauerlaufes mit dem Freibad in Gleisdorf schnell ausgemacht.

Dank Dr. Google ist auch rasch die passende Laufstrecke gefunden. Der Radweg R49, auch Mostwärtsradweg genannt, führt vom Hauptplatz in Graz zum Bahnhof nach Gleisdorf und verläuft den Angaben des Internetportals zu Folge größtenteils auf verkehrsarmen Nebenstraßen. In der Ortschaft Raaba-Grambach ist der ideale Einstiegspunkt in den Radweg ausgemacht. Grob schätze ich die Strecke auf rund 32 Kilometer. Somit steht fest: Ich werde also zum kühlen Nass laufen, während meine Familie mit dem Auto nach Gleisdorf fährt.

Ich kalkuliere meine Laufzeit mit rund 3 1/2 Stunden. So stehe ich um halb acht in meinen neuen Raidlight-Klamotten bereit, um die Strecke von Fernitz nach Gleisdorf in Angriff zu nehmen. Wie immer ist auf längeren Strecken mein Laufrucksack mit dabei. Gefüllt ist er mit einem Liter Wasser, einigen Datteln, einer Salz-Tablette sowie mit einem Geldschein, um auf halber Strecke die Getränkevorräte aufzufüllen bzw. um Geld für den Eintritt in das Wellenbad zu haben, sollte ich wider Erwarten vor meiner Familie in Gleisdorf eintreffen. Diese "Angst" stellt sich jedoch als unbegründet heraus.

The Show must go on! Los geht es! Die ersten Kilometer führen mich entlang des Ferbersbaches nach Hausmannstätten, von dort ich großteils auf Gehsteigen in nördliche Richtung bis nach Raaba-Grambach laufe. Hier treffe ich auf den Mostwärtsradweg und folge von nun an den Hinweisschildern "R49".

Auf dem Weg an Hart bei Graz vorbei, passiere ich ein in Bau befindliches Rückhaltebecken. Was ein Rückhaltebecken ist? Ein Rückhaltebecken ist quasi der Bierbauch eines Oktoberfestbesuchers. Wenn erbarmungslos in kurzer Zeit literweise Bier in den Körper gekübelt wird und Nieren samt Harnwege heillos überfordert wären, sammelt der Bierbauch die Flüssigkeit und hält sie zurück, um sie dann langsam und kontrolliert abfließen zu lassen. Zugegeben, bei Kindern nehme ich als vergleichbares Beispiel dann doch gerne die Badewanne, die bei starken Regenfällen das Wasser aufnimmt, um in weiterer Folge kontrolliert und langsam nur so viel Wasser in den Unterlauf des Baches abzugeben, sodass dieser nicht über die Ufer tritt und Schäden durch Überflutungen vermieden werden. So soll das in rund 2 Jahren fertiggestellte Rückhaltebecken in Hart bei Graz in Zukunft selbst bei außergewöhnlichen Starkregenereignissen Uferübertritte des Raababaches in den Ortschaften Raaba-Grambach und Gössendorf verhindern.

Die Strecke führt mich parallel zur A2 Richtung Autal. Nun gilt es, den Krachelberg zu bezwingen. Nach kurzem aber giftigem Aufstieg führt der Höhenweg der Marktgemeinde Lassnitzhöhe entgegen und die wunderbare Aussicht auf die "steirische Toskana" entschädigt für die Mühen und die Schweißperlen, die bisher vergossen wurden.

Die Quecksilbersäule steigt gnadenlos. Meine Wasservorräte sind aufgebraucht und so lege ich beim Unimarkt im Ort Lassnitzhöhe eine kurze Verpflegungspause ein. Mein Forerunner zeigt mir an, dass wir bisher ungefähr 18 Kilometer gelaufen sind. Ich kaufe mir einen Liter "blubberfreies" Mineralwasser und eine Banane. Das Wasser wird in meine "Softflakes" umgefüllt, die Banane wird an Ort und Stelle verspeist. Als Nachtisch gibt es noch eine Dattel aus der Vorratstasche.

Die Strecke fällt die ersten paar hundert Meter nun stark ab und entlang der Ortschaften Mitterlaßnitz, Laßnitzthal und Flöcking laufe ich Gleisdorf entgegen. Teilweise sind mir beschattete Streckenabschnitte vergönnt, aber großteils laufe ich in der prallen Sonne. So sehne ich mittlerweile schon sehr die Abkühlung im Wellenbad herbei.

Dank "livetracking" meiner GPS-Laufuhr bin ich für meine Familie via Smartphone in Echtzeit verfolgbar und so lässt es sich sehr gut abschätzen, bis wann ich mein Tagesziel erreicht haben werde. Gleichzeitig gibt mir "livetracking" gerade auch in unwegsamen Gelände Sicherheit, in der Not rasch gefunden zu werden.

Vor rund einer Stunde habe ich eine Salz-Tablette geschluckt. Seit ich beim heurigen Welschlauf von üblen Krämpfen heimgesucht wurde, bin ich von diesen schmerzhaften Muskelverkrampfungen seit der Einnahme von Salz-Tabletten auf langen Läufen bei großer Hitze verschont geblieben. Placebo-Effekt oder wirkliche Abhilfe bei großen Schweiß- und somit Salzverlusten? Keine Ahnung! Hauptsache, es krampft nicht.

Rund 4 Kilometer sind noch zu laufen, als ich Ludersdorf, einen Vorort von Gleisdorf, erreiche. Die Strecke führt einem Maisfeld entlang. Es fällt mir auf, dass bei diesem Feld wohl eine akute Schädlingsbekämpfung unumgänglich gewesen ist. Ich kann es nur vermuten, aber möglicherweise hat sich der Maiswurzelbohrer über die Maiskolben hergemacht. In sehr kurzen Abständen wurde mit dem Traktor durch das bereits hochgewachsene Feld gefahren und dabei sind von 6 Reihen Mais jeweils 2 Reihen den Traktorreifen zum Opfer gefallen, sprich sie wurden niedergefahren.

Ich rechne, dass der Ernteausfall bei rund 50 Prozent liegen muss. Anderenfalls würde sich das vorsätzliche Umfahren eines Drittels des Maisfeldes zuzüglich Kosten für die Schädlingsbekämpfung samt Arbeitszeit nicht rechnen. Ich wünsche mir, dass der Landwirt eine solche Rechnung angestellt hat und nicht unnütz literweise von Pflanzenschutz- oder Schädlingsbekämpfungsmittel in die Natur gesprüht hat. Groteskerweise ist das Maisfeld mit "Saatgut-Vermehrung" beschriftet.

Der Schweiß fließt, die Sohlen glühen. Zum Glück ist Gleisdorf erreicht. Nun muss noch das Wellenbad gefunden werden. Dank zweier hilfsbereiter Wegweiser wird auch diese Hürde gemeistert und so laufe ich nach 3 1/2 Stunden auf dem Parkplatz des Wellenbades Gleisdorf ein und werde nach 33 Kilometern liebevoll von meinem Sohn und meiner Frau empfangen.